das Kirchenjahr

Gedenktag der Reformation

31. Oktober.

Predigttexte

Der Tag des Thesenanschlags erinnert uns an die Anliegen der Reformation und lässt sie uns erneut bewusst werden.
Zunächst werden wir auf den Bußruf Johannes des Täufers und Jesu selbst hingewiesen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen! - Wer Jesus nachfolgen will, muss umkehren, sein Leben neu gestalten, und das nicht aus sich selbst, sondern durch die Kraft Gottes. Das bedeutet für uns Protestanten auch, dass wir die Brüder und Schwestern der römischen Kirche nicht länger als falschgläubige missachten, sondern dass wir uns zu ihnen hinwenden und mit ihnen in ein Gespräch eintreten. Das gilt aber auf für unser Verhältnis zur Weltkirche, in der sich uns eine noch vor kurzer Zeit ungeahnte Vielfalt darstellt. Aus dem Gespräch können wir lernen, wie sich Nachfolge Jesu praktisch verwirklichen lässt.
Am Reformationstag müssen wir uns auch daran erinnern lassen, dass Martin Luther nie eine Kirchenspaltung im Sinn gehabt hat. Die Veröffentlichung der Thesen (in lateinischer Sprache, also nur für Gelehrte lesbar) diente dazu, eine Disputation (= Lehrgespräch) einzuleiten. Dabei ging es ihm zunächst nur um den Ablasshandel. Luther wollte die Wahrheit des Evangeliums an das Licht bringen. Das soll auch unser Anliegen sein.
Die liturgische Farbe auch des Reformationstages ist Rot als Farbe des Heiligen Geistes (s. Pfingsten), aber auch als Farbe des Blutes der Märtyrer, die in der Überzeugung, dem Wort Gottes treu zu sein, auf Scheiterhaufen oder in Folterkammern von der Inquisition hingerichtet wurden und auch heute in manchen Ländern der Welt von staatlichen Organen getötet werden.
Der Reformationstag markiert einen Einschnitt in der Geschichte der christlichen Kirche, der zwar nicht einmalig ist, aber doch schwere Auswirkungen hatte besonders auf die kirchliche Landschaft in Deutschland. Heute wird es unangemessen sein, diesen Tag dazu zu benutzen, die Spaltung zwischen der römischen und der protestantischen Kirche zu unterstreichen. Der Schwerpunkt dieses Tages liegt vielmehr darauf, das nachzuvollziehen, worum Martin Luther gerungen hatte: die Erlösung allein aus dem Glauben. Heute stehen wir in der Situation, dass die im Sinne des Jakobusbriefes notwendigen Werke fehlen, und daher davon geredet werden kann, dass der Glaube vielerorts „tot” ist. Der Reformationstag hilft uns, den Glauben als „Motor” für einen Einsatz zur Verbesserung dieser Welt in christlicher Liebe zu motivieren.

Zu den Perikopen

I - Dtn 6, 4-9

Präfamen:
Glaube braucht ein Fundament, das sich speist aus den Erfahrungen derer, die versuchen, ihr Leben im Vertrauen auf Gott zu führen. Dabei geht es nicht um allgemeine Erfahrungen, sondern um die Erfahrungen, in denen Gott uns begegnete, stärkte und stützte. Es geht um die Zeiten, in denen wir uns ihm ganz nahe fühlten, in denen wir trotz widriger Umstände wussten: wir sind nicht verloren. Es gilt, solche Erfahrungen weiterzugeben an unsere Kinder und Kindeskinder, damit auch in ihren Herzen die Liebe zu Gott wachsen kann. So hört, was geschrieben steht im Buch Deuteronomium im 6. Kapitel:

Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR allein. 5 Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. 6 Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen 7 und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst. 8 Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen deinen Augen sein, 9 und du sollst sie schreiben auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore.

Predigtanregung

II - Mt 10, 26b-33

Es ist nichts verborgen, was nicht offenbar wird, und nichts geheim, was man nicht wissen wird. 27 Was ich euch sage in der Finsternis, das redet im Licht; und was euch gesagt wird in das Ohr, das predigt auf den Dächern. 28 Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können; fürchtet euch aber viel mehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle. 29 Kauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater. 30 Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupt alle gezählt. 31 Darum fürchtet euch nicht; ihr seid besser als viele Sperlinge. 32 Wer nun mich bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater. 33 Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater.

Predigtanregung

III - Gal 5, 1-6

Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen! 2 Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wenn ihr euch beschneiden lasst, so wird euch Christus nichts nützen. 3 Ich bezeuge abermals einem jeden, der sich beschneiden lässt, dass er das ganze Gesetz zu tun schuldig ist. 4 Ihr habt Christus verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, und seid aus der Gnade gefallen. 5 Denn wir warten im Geist durch den Glauben auf die Gerechtigkeit, auf die man hoffen muss. 6 Denn in Christus Jesus gilt weder Beschneidung noch Unbeschnittensein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.

Predigtanregung

IV - Ps 46

Gott ist unsre Zuversicht und Stärke,
eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben.

3 Darum fürchten wir uns nicht, wenngleich die Welt unterginge
und die Berge mitten ins Meer sänken,

4 wenngleich das Meer wütete und wallte
und von seinem Ungestüm die Berge einfielen.

5 Dennoch soll die Stadt Gottes fein lustig bleiben
mit ihren Brünnlein, da die heiligen Wohnungen des Höchsten sind.

6 Gott ist bei ihr drinnen, darum wird sie festbleiben;
Gott hilft ihr früh am Morgen.

7 Die Heiden müssen verzagen und die Königreiche fallen,
das Erdreich muss vergehen, wenn er sich hören lässt.

8 Der Herr Zebaoth ist mit uns,
der Gott Jakobs ist unser Schutz.

9 Kommt her und schauet die Werke des HERRN,
der auf Erden solch ein Zerstören anrichtet,

10 der den Kriegen steuert in aller Welt,
der Bogen zerbricht, Spieße zerschlägt und Wagen mit Feuer verbrennt.

11 Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin!
Ich will der Höchste sein unter den Heiden, der Höchste auf Erden.

12 Der Herr Zebaoth ist mit uns,
der Gott Jakobs ist unser Schutz.

Predigtanregung

V - Mt 5, 1-10 (11-12)

Präfamen:
Die Bergpredigt ist wohl der beeindruckendste Text der Bibel. In ihr werden uns Grundregeln des Zusammenlebens mit Gott und den Menschen vorgestellt, die teilweise kaum zu erfüllen sind. Aber in all diesen Regeln erkennen wir zugleich, dass es durch die Gnade Gottes doch möglich wird. Und darum beginnt die Bergpredigt auch mit den Seligpreisungen, die uns vor Augen führen, welche Geisteshaltung angemessen ist. So steht geschrieben im Evangelium nach Matthäus im 5. Kapitel:

Als er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg und setzte sich; und seine Jünger traten zu ihm. 2 Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:
3 Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.
4 Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
5 Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
6 Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
7 Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
8 Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
9 Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
10 Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.
11 Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen. 12 Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind.

Predigtanregung

VI - Röm 3, 21-28

Präfamen:
Sünder sind wir, das ist klar. Immer wieder begehen wir Fehler, immer wieder versagen wir selbst in den kleinsten Dingen. Wir können uns nicht versöhnen, wir halten fest an Dingen, die wir eigentlich nicht brauchen, und schaden damit denen, die sie gut gebrauchen könnten. Unser Versagen ist manchmal eklatant, manchmal merken nur wir selbst es - und Gott. Er weiß um unsere Unvollkommenheit, aber auch um unsere Unfähigkeit, uns selbst zu vervollkommnen. Darum begegnet er uns in Jesus Christus. Er erlöst uns von diesem Zwang. Uns bleibt nur, dieses Geschenk im Glauben an zunehmen. So schreibt der Apostel Paulus im Brief an die Römer im 3. Kapitel (und das ist zugleich unser Predigttext):

Nun aber ist ohne Zutun des Gesetzes die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, offenbart, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. 22 Ich rede aber von der Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben. Denn es ist hier kein Unterschied: 23 sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten, 24 und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist. 25 Den hat Gott für den Glauben hingestellt als Sühne in seinem Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit, indem er die Sünden vergibt, die früher 26 begangen wurden in der Zeit seiner Geduld, um nun in dieser Zeit seine Gerechtigkeit zu erweisen, dass er selbst gerecht ist und gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus.
27 Wo bleibt nun das Rühmen? Es ist ausgeschlossen. Durch welches Gesetz? Durch das Gesetz der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens. 28 So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben. 29 Oder ist Gott allein der Gott der Juden? Ist er nicht auch der Gott der Heiden? Ja gewiss, auch der Heiden. 30 Denn es ist der eine Gott, der gerecht macht die Juden aus dem Glauben und die Heiden durch den Glauben. 31 Wie? Heben wir denn das Gesetz auf durch den Glauben? Das sei ferne! Sondern wir richten das Gesetz auf.

M - Jes 62, 6-7.10-12
Joh 8, 31-36
Röm 1, 16-17
1. Kor 1, 10-18
Jak 2, 14-18.26

Präfamen:
Zu Jes 62, 6-7.10-12:
Die Stadt Jerusalem ist ein bedeutender, wichtiger Ort. Sie ist das Zentrum des Volkes Gottes, zu dem auch wir gezählt werden. Seit dem babylonischen Exil vor 2600 Jahren, in dem der erste Tempel zerstört wurde, ist sie zu einem Symbol der Hoffnung geworden. Wenn Gott wieder Wohnung nimmt in der Mitte seines Volkes, dann wird die ganze Welt das Heil erfahren, nach dem sie sich sehnt. Damit dies geschehen kann, sollen wir uns gegenseitig mit Worten und Taten an Gott erinnern und ihn bitten, dass er bald kommen möge. So schreibt der Prophet Jesaja im 62. Kapitel:

Jes 62, 6-7.10-12:
O Jerusalem, ich habe Wächter über deine Mauern bestellt, die den ganzen Tag und die ganze Nacht nicht mehr schweigen sollen. Die ihr den HERRN erinnern sollt, ohne euch Ruhe zu gönnen, 7 lasst ihm keine Ruhe, bis er Jerusalem wieder aufrichte und es setze zum Lobpreis auf Erden!
10 Gehet ein, gehet ein durch die Tore! Bereitet dem Volk den Weg! Machet Bahn, machet Bahn, räumt die Steine hinweg! Richtet ein Zeichen auf für die Völker! 11 Siehe, der HERR lässt es hören bis an die Enden der Erde: Saget der Tochter Zion: Siehe, dein Heil kommt! Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her! 12 Man wird sie nennen «Heiliges Volk», «Erlöste des HERRN», und dich wird man nennen «Gesuchte» und «Nicht mehr verlassene Stadt».