das Kirchenjahr

Gedenktag der Entschlafenen

Die Hoffnung des ewigen Lebens

Predigtanregung

Das Gedächtnis der verstorbenen Gemeindeglieder hat es von Anfang der Christenheit an gegeben. Als aber Gedenktage für Gestalten, die als Märtyrer gestorben waren, das Gedenken der Unbekannten zu verdrängen drohte, wurde für sie (im Osten im 4., im Westen im 7. Jahrhundert) ein eigener Tag eingesetzt, der sich zum Tag Allerheiligen entwickelte.
Einen solchen Tag hat die protestantische Kirche abgelehnt, da die Verehrung der Heiligen, wie sie zur Zeit der Reformation geübt wurde, nicht der Heiligen Schrift entsprach: die Heiligen wurden angebetet und um Fürbitte gebeten, es wurden ihnen Schutzaufgaben und Mittlerfunktionen zugesprochen, was in der Schrift weder verlangt noch bezeugt wird. Das Gedenken der Heiligen aber wurde weiterhin gestattet (s. Einführung zu den Gedenktagen der Apostel und Evangelisten und Allerheiligen), ja sogar empfohlen. Die Aufklärung konnte auch mit einem solchen Tag nichts anfangen, und so wurde er immer weniger gefeiert. Es entstand an seiner Stelle ein Gedenktag der Toten (Ruhenden), denn dass der Toten (und im Krieg Gefallenen) nicht in irgendeiner Weise auch gottesdienstlich gedacht wurde, hätte die Gemeinde nicht zugelassen.
Es gibt wohl Kritik an diesem Tag, und diese Kritik muss gehört werden. Der Glaube an das ewige Leben aber lässt uns angesichts des Todes immer wieder nach dem "Evangelium für die Toten" fragen, so dass ein Totensonntag durchaus seine Berechtigung hat.
Der Gedenktag der Entschlafenen kann eigentlich an einem beliebigen Tag begangen werden. Nahe liegt der drittletzte Sonntag im Kirchenjahr, weil er dem Gedenktag der Heiligen am nächsten liegt, oder, noch besser, eben dieser Gedenktag der Heiligen. Man könnte aber auch im ökumenischen Geist den 2. November (Allerseelen) zum Totengedenken nutzen. Im Laufe der Zeit aber wurde das Gedenken der Entschlafenen auf den letzten Sonntag im Kirchenjahr gelegt. Darum ist dieser Gedenktag auch hier ans Ende des Kirchenjahres gestellt, obwohl es wichtig wäre, dem Proprium des Ewigkeitssonntags ausreichend Raum zu lassen, ja, es zu bevorzugen.
Der Gedenktag der Entschlafenen dient dazu, sich darauf zu besinnen, dass wir mit den Gestorbenen verbunden bleiben auch über den Tod hinaus, als eine Gemeinschaft der Gläubigen. Die mögliche Verlesung der im vergangenen Jahr verstorbenen Personen sollte nicht den Mittelpunkt bilden, sondern vielmehr als Folge der Botschaft, dass wir alle ewiges Leben in Jesus Christus haben, vollzogen werden. Von daher ist ein passender Ort für diese Verlesung nach der Predigt und vor den Fürbitten, wo allerdings der Angehörigen noch einmal besonders gedacht werden sollte.
Die liturgische Farbe des Gedenktages der Entschlafenen ist schwarz (oder Schmucklosigkeit des Altars). Wird der Gedenktag an einem Sonntag, also als Totensonntag, gefeiert, ist die liturgische Farbe entsprechend der Kirchenjahreszeit oder weiß als Zeichen dafür, dass Christus, der Herr über den Tod, alle Entschlafenen mit Namen kennt und sie zum Leben führt.

Klicken Sie hier für die Anregungen für alle Predigtreihen (soweit vorhanden)

VI - Ps 90, 1-14

Herr, du bist unsre Zuflucht für und für.
2 Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden,
bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit.

3 Der du die Menschen lässest sterben und sprichst: Kommt wieder, Menschenkinder!
4 Denn tausend Jahre sind vor dir wie der Tag, der gestern vergangen ist,
und wie eine Nachtwache.

5 Du lässest sie dahinfahren wie einen Strom, sie sind wie ein Schlaf,
wie ein Gras, das am Morgen noch sprosst,

6 das am Morgen blüht und sprosst und des Abends welkt und verdorrt.
7 Das macht dein Zorn, dass wir so vergehen,
und dein Grimm, dass wir so plötzlich dahinmüssen.

8 Denn unsre Missetaten stellst du vor dich,
unsre unerkannte Sünde ins Licht vor deinem Angesicht.

9 Darum fahren alle unsre Tage dahin durch deinen Zorn,
wir bringen unsre Jahre zu wie ein Geschwätz.

10 Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn's hoch kommt, so sind's achtzig Jahre,
und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe;
denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.

11 Wer glaubt's aber, dass du so sehr zürnest,
und wer fürchtet sich vor dir in deinem Grimm?

12 Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen,
auf dass wir klug werden.

13 Herr, kehre dich doch endlich wieder zu uns
und sei deinen Knechten gnädig!

14 Fülle uns frühe mit deiner Gnade,
so wollen wir rühmen und fröhlich sein unser Leben lang.

Ich kann allen, die in diesem Jahr dran sind, zu predigen, nur raten, einen anderen Text zu wählen. Dies hat einen einfachen Grund. Erstmalig sind durch die Perikopenrevision 2018 auch Psalmen als Predigttexte aufgenommen worden. Bis dahin war es selbstverständlich, dass die Psalmen als Gebete angesehen wurden, die nicht ausgelegt werden, sondern in die man sich hineinversetzt und mit dem ursprünglichen Psalmbeter als Gebet vollzieht. Das geschieht auch in diesem Gottesdienst: Ps 90 ist der Psalm des Sonntags, der in der Regel zu Beginn des Gottesdienstes gebetet wird. Wie mag das wirken, wenn man den Text, der zu Beginn des Gottesdienstes als Gebet gesprochen (und von den Gemeindegliedern auch mitgebetet) wurde, nun in der Predigt „zerlegt” wird? Die Predigt kann verheerende, auf jeden Fall zutiefst verstörende Wirkung haben, denn sie wird sich in den wenigstens Fällen mit dem decken, was die Gemeindeglieder innerlich zu Beginn des Gottesdienstes vollzogen hatten. Gerade am Gedenktag der Entschlafenen ist eine besondere Sensibilität erforderlich. Der Wirkung des Psalms als Gebet wird viel genommen, wenn er „zerpredigt” wird. Möchte man sich dennoch mit diesem Text befassen, dann sollte dies mit großer Sensibilität und eher betend geschehen.
Für alle, die sich gegen eine Auslegung des Psalms entscheiden, empfehle ich den Marginalientext 1. Thess 4, 13-16.

Liedvorschläge:

Gott der Vater steh uns bei (EG 138)
Wir warten dein, o Gottes Sohn (EG 152)
Dein Hände, großer Gott (EG 424, 1)
Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen (EG 518)
) Valet will ich dir geben (EG 523)
Wer weiß, wie nahe mir das Ende (EG 530)



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