das Kirchenjahr

4. Sonntag im Advent (Rorate)

Die nahende Freude

Predigtanregungen

In den Evangelienlesungen nach Lukas, die am 4. Sonntag im Advent vorgesehen sind, steht Maria im Vordergrund. Das Magnifikat sowie der Besuch des Engels, dessen Verkündigung sie sich unterwirft, werden ergänzt durch Texte, die die Sehnsucht nach dem Kommen des Herrn durchblicken lassen. Dazu tritt, wohl in etwas merkwürdig anmutender Analogie zu der Ankündigung der Geburt Jesu, die Ankündigung der Geburt Isaaks, des Sohnes Abrahams und Sarahs.
Alttestamentliche und Epistellesung künden von der Freude, die wir schon haben, weil uns das Kommen des Herrn verkündet ist, der Frieden in unsere Welt bringt. Dabei wird aber auch deutlich, dass wir die Wiederkunft Jesu noch erwarten.
Der originale Name des 4. Adventssonntags lautet „Rorate” (von dem lateinischen Introitus „Rorate, caeli desuper, et nubes pluant iustum: aperiatur terra, et germinet salvatorem”, Deutsch: „Tauet, ihr Himmel, von oben, ihr Wolken, regnet den Gerechten: Es öffne sich die Erde und sprosse den Heiland hervor”, Jes 45,8).
Die liturgische Farbe ist violett. Leider ist im neuen Ev. Gottesdienstbuch (Auflage 2020) die Farbe rosa als Alternativfarbe genannt. Rosa wäre aber, wenn, dann nur für den dritten Adventssonntag („Gaudete”) vorzusehen. Vermutlich ist man durch die Perikopenrevision, die dem 4. Adventssonntag den Wochenspruch aus Phil 4, 4 zugeordnet hat, darauf gekommen, die liturgische Farbe entsprechend zu wählen, wobei für die Namen der Sonntage nicht der Wochenspruch, sondern der Introitus bzw. dessen Antiphon verantwortlich ist. Der Wochenspruch fand erst Mitte des 20. Jahrhunderts seinen Weg in die Agenden.

Zu den Perikopen

  • I: Lk 1, (26-38)39-56

    Bitte beachten Sie, dass die gleiche Perikope nur mit anderen Einklammerungen noch einmal in der Reihe IV auftaucht.
    Es liegt von daher schon nahe, sich hier ganz auf die Begegnung Marias und Elisabeths zu beschränken. In dieser Perikope wird Marias besondere Stellung deutlich gemacht. Zwar hat sie selbst gesagt: „Ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast.”, und damit deutlich gemacht, dass sie in nichts einer anderen Frau überlegen wäre. Aber während es keinen menschlichen Vater Jesu gibt, so gibt es eben doch diese menschliche Mutter, die das Gotteskind 9 Monate in ihrem Schoß trug und eine entsprechend enge Verbindung mit ihm durchlebt hat, die sie Zeit ihres Lebens und auch in unserem Erinnern von allen anderen Menschen unterscheidet.
    Außerdem wird hier deutlich gemacht, dass Frauen in der Heilsgeschichte eine eigentlich wichtigere Rolle spielen als Männer. Ohne Maria, ohne Elisabeth wäre das alles nicht möglich gewesen. Von daher ist die Überlegung zulässig, diese Predigt den Frauen auch im Allgemeinen zu widmen.
    Das Magnifikat selbst aber fordert natürlich auch seinen Teil, aber selbst hierin erkennen wir Töne, die einer "feministischen" Predigt durchaus zuträglich sind. Nach dem Lob Gottes folgt die sicher nicht unbescheidene Feststellung, dass Maria von nun an selig gepriesen wird von allen Menschen. Das aber wieder nicht, weil sie selbst irgendetwas besser könnte als andere Frauen, sondern schlicht deswegen, weil Gott sie zum Werkzeug erwählt hat und an ihr das Wunder seiner eigenen Menschwerdung vollbracht hat. Dementsprechend heißt es auch, dass Gott ihre Niedrigkeit ansah. Erst Gott macht sie zu einer besonderen Person, wie man es wohl von jedem sagen kann, durch den Gott wirkt.
    Hoffart ist Gott zuwider, die Gewaltigen, d.h. wohl die, die ihre Macht missbrauchen, um andere zu knechten und zu misshandeln, stößt er von ihrem Thron: ein Ausblick auf kommende, ausgleichende Gerechtigkeit, nach der auch wir uns sehnen. Das klingt auch im 53. Vers an, wo es dann um die materiellen Güter geht, die ja auch Macht erst ermöglichen.
    Das Thema dieses Sonntages, das den kirchenjahreszeitlichen Zusammenhang beschreibt, legt aber nahe, den Schwerpunkt in der Freude über das Kommen des Kindes zu sehen. Drei Monate verbringt Maria bei Elisabeth, ich vermute, es sind die drei besten Monate einer Schwangerschaft. Das allein begründet natürlich nicht die Freude. Vielmehr ist wohl das gemeint, was im Magnifikat anklingt: mit diesem Kind kommt Gerechtigkeit in eine Welt, die nur Ungerechtigkeit kennt.
    Nun steht dem unsere tägliche Erfahrung entgegen. Es geht in dieser Welt nicht gerecht zu. Maria glaubte an die Verheißung, die ihr vom Engel gemacht worden war (Lk 1, 32-33). Was ihr dort gesagt wurde, sagt sie jetzt weiter. Das ist, was Gott verkündet hat. Diese Worte machen uns klar, dass der Zustand, in dem sich unsere Welt befindet, nicht der Normalzustand ist. Es gibt also keinen Grund, sich achselzuckend damit abzufinden. Im Gegenteil. Es liegt an, sich auf diese neue Welt zu freuen - und an ihr mitzubauen. Dazu gehört auch die Frage, ob vielleicht wir zu diesen Mächtigen gehören, die Gott einst von ihrem Thron stoßen wird, und ob wir nicht schon jetzt beginnen sollten, den Armen zu geben, was wir im Überfluss haben.

  • II: 2. Kor 1, 18-22

    Der Text spricht zunächst ein Problem an, das jeder kennt: die Unsicherheit, die daraus resultiert, dass eine Auskunft unklar ist. Man weiß nicht, wie man reagieren soll, und steht erst einmal "im Regen". Offensichtlich wird damit ein Problem in der Gemeinde in Korinth angesprochen: Widersprüche, die sich hinterher, nachdem Paulus und seine Gefährten dort waren, auftaten aufgrund von verschiedenen Interpretationen, oder einfach aufgrund von Machthunger. Vielleicht bezogen sich diese Widersprüche schlicht auf das Verständnis, wer Jesus eigentlich ist, oder auf Unterschiede zwischen der Verkündigung von Paulus, Silvanus und Timotheus. Vielleicht ist es auch nur ganz schlicht die Antwort auf einen Ausdruck der Enttäuschung darüber, dass Paulus entgegen seiner früheren Ankündigung nicht zu ihnen gekommen ist, und die Gemeinde ihm nun Unwahrhaftigkeit vorwirft. Dies ist wohl das naheliegendste aufgrund des Kontextes.
    Da dies eine nicht zu verallgemeinernde, sehr persönliche Problematik ist, sollte in der Predigt nur wenig oder gar nicht darauf eingegangen werden. Wichtiger ist demnach die Feststellung des Paulus, dass in Jesus das "Ja" ist, unwiderruflich. Dieses "Ja" wird verstanden als "Ja" auf alle Gottesverheißungen, d.h. Jesus hat sie alle erfüllt.
    Diese Aussage hat Gewicht, ist aber nicht unproblematisch, denn mit Hilfe moderner Methoden der Bibelauslegung wissen wir ja längst, dass viele Verheißungen der Schrift überhaupt keinen Bezug zu Jesus haben und entweder noch der Erfüllung harren, oder in anderen Gestalten ihre Erfüllung fanden. Hier mag man sich allerdings die Frage stellen, ob nur die Verheißungen der Schrift, d.h. des sogenannten Alten Testamentes, von Paulus gemeint sind, oder auch andere Verheißungen, die zwar bekannt, aber nie niedergeschrieben worden waren. Das wäre allerdings dann zu ungenau.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang deutet darauf hin, dass der Vers 22 zum wichtigsten Ausgangspunkt für die Predigt werden sollte. Denn hier ist die Rede vom "Unterpfand", das Gott in unsere Herzen gegeben hat: den Geist. Wozu dient dieses Unterpfand, wenn nicht dafür, die Gewissheit zu haben, dass unser Herr kommen wird, um letztlich sein Reich zu errichten? Dies macht uns nicht zu tatenlos wartenden, sondern zu Menschen, die voller Vorfreude beginnen, die Liebe Gottes, die in seinem Sohn allen Menschen offenbar wurde, hinauszutragen in diese Welt, die -noch- vom Dunkel umhüllt ist.

  • III: 1. Mose 18, 1-2.9-15

    Nicht immer erschließt sich ein Text aus dem Buch des ersten Bundes, vor allem wenn die Kirchenjahreszeit den Blick auf ein Geschehen lenkt, das ganz losgelöst von diesen früheren Ereignissen zu sein scheint. Hier ist die nahende Geburt des Heilands, dort die Geburt eines Stammvaters, eines Urahnen, der schließlich in die Bezeichnung Gottes mit aufgenommen wird: „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs”. Doch lässt sich leicht erkennen, dass beides eng miteinander verknüpft ist. Ohne Isaak, der in dieser Perikope verheißen wird, gäbe es Jesus nicht. Die ganze Geschichte Gottes mit dem Volk Israel gäbe es nicht. Und so sollte die Predigt nicht so sehr die Ankündigung einer unwahrscheinlichen, vielleicht sogar unmöglichen und darum wunderbaren Geburt, sondern die Heilsgeschichte als Ganzes in den Blick nehmen. Das ist natürlich ein dickes Paket, das man nicht auf einmal auspacken kann, aber man kann Teile herausnehmen und mit Verweis auf das Geschehen an Abraham auch für die christliche Gemeinde fruchtbar machen.
    Als Prediger/in sollte man sich bewusst sein, dass die Gemeinde keinen Text aus dem „Alten Testament” erwartet. Sie möchte auf das nahe bevorstehende Christfest eingestimmt werden. Das geschieht sicher auch durch Lieder und die anderen Texte dieses 4. Adventssonntags, aber auch die Predigt soll sie weiter auf dem Weg zum Kind in der Krippe führen.
    Dies kann z.B. dadurch geschehen, dass man darauf hinweist, dass Gott in die Geschichte der Menschen eingreift, um seinen Heilsplan zum Ziel zu führen. Dazu ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass Gott schon damals, zur Zeit Abrahams, wusste, was rd. 2000 Jahre später geschehen würde. Denn er ist der Ewige, und Ewigkeit verläuft nicht linear, so wie unsere Zeit und Geschichte linear verläuft. Aber er taucht in unsere Geschichte ein und wirkt in ihr.
    Daraus ergibt sich dann auch der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang, denn auch wenn auf den ersten Blick diese Erzählung von Abraham nichts mit der Ankündigung der Geburt Jesu zu tun hat, ist es eben das Wirken Gottes in der Menschheitsgeschichte, das diese Erzählung für den vierten Adventssonntag bedeutungsvoll macht. Die Predigt kann dann den Weg in das Leben der Gemeinde nehmen und darauf hinweisen, wie Gott hier und da gewirkt und Dinge verändert hat, die zuvor unveränderlich schienen.

  • IV: Lk 1, 26-38(39-56)

    folgt später

  • V: Phil 4, 4-7

    Nur vier knappe Verse umfasst unser Predigttext, aber diese vier Verse haben es in sich. Freut euch in dem Herrn allewege, d.h. also bei allen Gelegenheiten! Jammert nicht! Denn es gibt nichts zu jammern. Zeigt, dass ihr Kinder Gottes seid, auch wenn ihr es am eigenen Leib nicht deutlich spüren solltet. Macht deutlich, dass Gott für euch sorgt, dass ihr von ihm alles erwartet!
    Kann man solch einen Text z.B. Christen in den Dürreregionen Afrikas oder den unterprivilegierten Christen in Indien guten Gewissens predigen? Ist es recht, den Christen dort zu sagen: "Klagt nicht über euer Schicksal, betet zu Gott, der wird euch helfen!"? Wer, wenn nicht die, denen es besser geht, müssen diesen Menschen helfen, damit sie nicht von der Verzweiflung verschlungen werden? Also müssen sie doch auch ihr Leid klagen, damit es wahrgenommen wird von denen, die helfen können. Aber, das bleibt unter uns - so müsste die Devise sein.
    Christen helfen sich untereinander - das fällt in Deutschland ja selbst dann schon schwer, wenn man sich um einen Nachbarn oder eine Nachbarin kümmern soll. "Keine Zeit", "ich habe Angst", "das geht über meine Kraft" sind die üblichen Argumente, meist, aber nicht immer, schlichte Ausreden.
    Der Predigttext sagt, worauf es ankommt und was uns geschenkt ist: Der Friede Gottes. Dieses Wort, das jeden Sonntag zum Abschluss der Predigt von der Kanzel gesprochen wird, birgt ein ungeheure Kraft. Der Friede Gottes geht über unsere Vernunft hinaus, er lässt sich nicht per Vertrag definieren, er bleibt in gewisser Weise mysteriös, ergreift aber unsere Herzen und Sinne (= unseren Verstand) und bewahrt sie - im Frieden.
    Wer diesen Frieden verspürt, wahr- und annimmt, kann alles. Auch in der größten Not. Und so können wir auch von denen lernen, denen es viel schlechter geht als uns: nämlich, genügsam zu sein und zufrieden mit dem, das uns gegeben ist.
    Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang wird durch den einleitenden Satz hergestellt: Freut euch in dem Herrn allewege! Es gibt ja keinen Grund, bedrückt oder traurig zu sein, wenn uns der Friede Gottes erfüllt.
    Die Zeit vor dem Christfest kann bedrückend sein, wenn man sich dem Stress, der durch unsere Wirtschaft und den Konsumzwang provoziert wird, nicht entzieht. Der Predigttext soll uns dazu ermutigen, und darum soll auch die Predigt eine solche Ermutigung sein: es geht in allem doch darum, den Frieden Gottes anzunehmen und ihn uns bewahren zu lassen. Es wäre sicher hilfreich, eine meditative Aktion zu veranstalten, in der man zur Ruhe kommen kann.

  • VI: Jes 62, 1-5

    folgt später

  • Marginaltexte: Hes 17, 22-24 (= Ez 17, 22-24)
    Röm 5, 12-14.(18-21)

    folgt später



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