Der Name des Sonntags Judika leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon
ab: „Judica me, Deus, et discerne causam meam de gente non sancta”
(Ps 43, 1; deutsch s. unten, wörtliche Übersetzung von „Judika” hervorgehoben)
Nach alter Sitte (etwa seit dem 8. Jahrhundert) beginnt an diesem Sonntag die eigentliche Passionszeit, indem
das Leidensgeschehen Jesu in den Mittelpunkt gerückt wird. Deswegen trug der Sonntag Judika auch den Namen
„Dominica Passionis”, also Passionssonntag.
Von dieser Tradition scheint die protestantische Kirche mittlerweile abrücken zu wollen, denn das typische Kennzeichen
für den Beginn der Passionszeit, der Wegfall des „Gloria Patri”, ist in der neuen Agende (dem EGb,
das im Jahr 2000 erstmalig erschien) erst ab dem Sonntag Palmarum vorgesehen.
Nach dem Sonntag Laetare, an dem die Hingabe Jesu bedacht wurde,
betont nun der Sonntag Judika den Gehorsam Christi genauso wie
unseren Gehorsam. Es geht also um unsere Antwort auf Gottes Handeln und Gebot, die
unaufgebbare Dualistik der Gnade Gottes: wenn sie nicht angenommen wird, kann sie
auch nicht wirken. Es ist die Freiheit der Selbstentscheidung, von Gott geschenkt,
die uns auch das Verderben bringen kann. Die Texte zeigen uns in teilweise grausamer
Härte, wie Gehorsam immer auch zum Segen führt.
Klicken Sie hier für die Anregungen für alle Predigtreihen (soweit vorhanden)
V - Hebr 5, (1-6)7-9(10)Denn jeder Hohepriester, der von den Menschen genommen wird, der wird eingesetzt für die Menschen zum Dienst vor Gott, damit er Gaben und Opfer darbringe für die Sünden. 2 Er kann mitfühlen mit denen, die unwissend sind und irren, weil er auch selber Schwachheit an sich trägt. 3 Darum muss er wie für das Volk, so auch für sich selbst opfern für die Sünden. 4 Und niemand nimmt sich selbst die hohepriesterliche Würde, sondern er wird von Gott berufen wie auch Aaron. 5 So hat auch Christus sich nicht selbst die Ehre beigelegt, Hoherpriester zu werden, sondern der, der zu ihm gesagt hat (Psalm 2,7): „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.” 6 Wie er auch an anderer Stelle spricht (Psalm 110,4): „Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks.” 7 Christus hat in den Tagen seines irdischen Lebens Bitten und Flehen mit lautem Schreien und mit Tränen dem dargebracht, der ihn vom Tod erretten konnte; und er ist auch erhört worden, weil er Gott in Ehren hielt. 8 So hat er, obwohl er Gottes Sohn war, doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt. 9 Und als er vollendet war, ist er für alle, die ihm gehorsam sind, der Urheber des ewigen Heils geworden, 10 genannt von Gott ein Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks.
Es ist schwierig, diesen Text nach zu vollziehen, denn die Art und Weise, wie von Jesus geredet wird, verleitet zu
Rückschlüssen, die eigentlich nicht zulässig sind.
Da ist zum Einen in Vers 7 das Opfer des Gebets. Dieses Opfer löst wohl das Tieropfer ab, aber so wie
man von einem Opfer erwartet, wird es hier so dargestellt, dass das Opfer auch erhört wird, wenn es richtig dargebracht wird. Die
„richtige” Art und Weise der Darbringung wird uns auch gleich vorgeführt: Gott wird in Ehren gehalten. Es
wird hier wohl auf das Gebet in Gethsemane angespielt, in dem Jesus Gott darum bat, den Kelch an ihm vorüber gehen zu lassen,
doch nicht Jesu, sondern Gottes Wille solle geschehen. Das Ganze legt eine Werkgerechtigkeit nahe, die wir so nicht
nachvollziehen können.
Zum andern begegnet uns in Vers 8 die Vorstellung, dass Gottes Sohn Gehorsam lernen muss. Diese Vorstellung geht davon aus, dass er
nicht wusste, was Gehorsam ist. Vielleicht trifft das tatsächlich zu, denn Gott braucht niemandem gehorsam zu sein. Aber es
bleibt merkwürdig, ja fragwürdig. Warum sollte Gott, der Allwissende und Allmächtige, etwas erlernen müssen?
Aber darum wurde er Mensch, um Erfahrungen zu machen, die er bis dahin nicht hatte machen können. Insofern könnte diese
Feststellung durchaus richtig sein, wenn sie Jesu Menschsein gewissermaßen radikal denkt (dass also nichts von der Gottheit
„übrig” ist).
Erst Vers 9 öffnet uns dann einen Zugang: Christus ist unser Vorbild im Gehorsam gegenüber Gott, und wenn wir diesem Vorbild
folgen, dann werden wir auch teilhaben am ewigen Heil.
Kurz gesagt: wenn wir in unserem Gebet Gott die Ehre erweisen, d.h. deutlich machen, dass wir uns seinem Willen unterordnen, dann
werden wir teilhaben am ewigen Heil, wir werden die Gemeinschaft des Heils erfahren.
Die Ordnung Melchisedeks, die in Vers 10 angesprochen und zum Maßstab gemacht wird für das Hohepriestertum Christi, meint die
Annahme, dass Melchisedek ein einzigartiger, ewiger Priester ist. Da weder von seinen Eltern noch von seinem Tod oder einem Ende
seines Priestertums berichtet wird, ist er Vorbild des ewigen Hohepriesters, Jesus. Auch ist er der erste Priester, der
den später festgesetzten Lohn, den Zehnten, von Abraham empfängt (Gen 14, 20), was ihn gewissermaßen zum Prototypen des
Priesteramtes der von Abraham empfangenen Verheißung macht. Im Psalm 110, 4 wird das ewige Priestertum zu dem Priestertum
Melchisedeks in Beziehung gesetzt.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ergibt sich daraus, dass in dieser Haltung des Gebets der Mensch bereit ist,
den ihm von Gott zugedachten Auftrag zu erfüllen, selbst dann, wenn nicht klar ist, wie dieser Auftrag genau aussieht. Oft
stehen wir ja vor der Situation, dass wir nicht wissen, was Gott eigentlich konkret von uns will. Sich selbst, seine Zukunft in
Gottes Hände legen, dazu ermutigt uns dieser Predigttext.
Die Predigt könnte die Frage stellen, wozu wir uns berufen fühlen, und sollte dazu ermutigen, auf Gott zu hören. Dies
geschieht vornehmlich in Zeiten der Betrachtung des Gotteswortes (Bibel), der Stille und des Gebetes. Oft gewinnt man in solchen
Zeiten Klarheit wenigstens für den nächsten Schritt. Die Predigt kann hierzu ermutigen, zumal es heute wohl wenige Menschen
gibt, die sich täglich Zeit für das Hören auf Gott in der Stille nehmen.
Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld (EG 83)
Dein Kampf ist unser Sieg (EG 87, 3.5-6)
Christe, du Schöpfer aller Welt (EG 92)
In dir ist Freude in allem Leide (EG 398)
Herr, der du einst gekommen bist (KHW-EG 586)
Vertrauen wagen dürfen wir getrost (NB-EG 607)
Gott, du hast unser Bitten erhört, indem du uns Recht geschaffen hast durch
deinen Sohn Jesus Christus, der uns im Abendmahl heute besonders nahe kommt. Dafür
danken wir dir und bitten dich:
Schaffe Recht, wo Gewalt und Krieg Leben zerstören;
Schaffe Recht, wo Habsucht und Machtbesessenheit Leid und Unrecht verursachen;
Schaffe Recht, damit die Hoffnungslosen wieder Hoffnung schöpfen können;
Schaffe Recht, damit die, die sich von dir abgewandt haben, den Weg zu dir zurück finden;
Schaffe Recht, damit die Schere zwischen Arm und Reich sich wieder schließt und alle
genug zum Leben haben;
Schaffe Recht, damit dein Licht allen Menschen leuchtet.
Wir loben dich in der Stille in unseren Herzen, aber auch laut mit unserem Mund. Wir
danken dir für die Gaben deines Abendmahles, Brot und Wein für die Welt, dein Leib,
für uns gegeben, dein Blut, für uns vergossen, damit alle satt werden und sich an dir
erfreuen können in Ewigkeit.
Amen
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