Katharina Schütz heiratete im Jahr 1523 Matthäus Zell, der im Jahr 1477 in Kaysersberg geboren und nun Prediger
am Münster zu Straßburg war. Matthäus Zell war zwar nahe daran, vom Bischof entlassen zu werden, da er lutherische Lehre predigte, wurde
aber vom Rat der Stadt geschützt. Die Trauung wurde am 3. Dezember durch Martin Bucer vollzogen. Wegen dieser Eheschließung wurde
Zell am 7. April 1524 exkommuniziert. Martin Luther schrieb an Katharina anlässlich der Eheschließung folgenden Brief:
"Der tugendsamen Frauen, Katharin Schützin, meiner lieben Schwester und Freundin in Christo, zu Straßburg. Gnad und Fried in Christo!
Meine Liebe! Daß Dir Gott sein Gnade so reichlich geben hat, daß Du nicht allein selbs sein Reich siehest und kennest, so vielen Leuten
verborgen, sondern auch einen solchen Mann bescheret, an dem Du es täglich und ohne Unterlaß besser lernen und immer hören
magst, gönne ich Dir wohl und wünsche Dir Gnad und Stärke dazu, daß Du solches mit Dank behaltest bis auf jenen Tag, da
wir und alle sehen und freuen werden, will es Gott. Jtzt nichts mehr. Bitte Gott für mich und grüß mir Deinen Herrn, Herr
Matthias Zell! Hiermit Gott befohlen!" (WA, Briefwechsel, Bd. 3, Nr. 808)
Katharina Schütz hatte als Tochter angesehener Bürger eine gute Erziehung und Ausbildung genossen. Dass sie
in diese Ehe einwilligte, war nicht selbstverständlich. Sie war nach der römisch-katholischen Lehre erzogen worden, hatte aber dort keinen
Frieden für ihre Seele gefunden. Die Verkündigung Martin Luthers in Schrift und Wort aber öffnete ihr das Herz. "Ich meinte, man
zöge mich klaftertief aus dem Erdreich hervor, ja aus der grimmen, bitteren Hölle in das lieblich süße Himmelreich."
Ihr Haus wurde eine Herberge Ausgestoßener und Verdammter. So kam der breisgauische Prediger Jakob Otter mit einigen Anhängern
im Jahr 1524 nach Straßburg, nachdem er aus seiner Heimatstadt vertrieben worden war. Vier Wochen lang versorgte Katharina Zell
mit Hilfe der Bürger rund 50 Personen in ihrem Haus, bis diese wieder in ihre Heimat zurückkehren durften. "Der Glaube ist
kein Glaube, der nicht angefochten wird", waren ihre Worte des Trostes und der Ermutigung für die Vertriebenen.
Viele andere Gäste wurden im Pfarrhaus aufgenommen, darunter Ulrich Zwingli und Johannes Oekolampad im Jahr 1529. Dazu
nahm sie im Einverständnis mit ihrem Mann auch Schwärmer und Wiedertäufer auf. Sie schreibt: "Ich habe ... mich vieler Leute
angenommen, für sie geredet und geschrieben, es seien die, die unserm lieben Doktor Martin Luther anhangen oder Zwingli
oder Schwenckfelden, oder die armen Taufbrüder, reich und arm, weis und unweis, alle haben sie zu uns kommen dürfen."
Denn in ihren Augen wäre es die größte Sünde gewesen, ihren Mitmenschen, gleich welchen Glaubens, die Liebe zu verweigern,
zu der sie ihr Herr Christus aufgefordert hatte.
In einer Zeit, in der die Ehe mit einem Pfarrer noch sehr unüblich war, da bis dahin das Zölibat vorgeherrscht hatte, war
es gut, wenn man durch Kinder beweisen konnte, dass Gott diese Ehe segnet. Katharina hat zwei Kindern das Leben geschenkt,
die aber kurz nach der Geburt starben.
1534 gab sie ein Liederbuch für die häusliche Andacht heraus. Die darin enthaltenen Lieder entstammten dem Gesangbuch der
böhmisch-mährischen Brüder.
Ihr Leben zeichnet die Anteilnahme am Ergehen der Reformation aus. Sie schrieb Briefe an die Reformatoren, setzte sich für
Verfolgte ein, und beobachtete den Ausgang der zahlreichen Streitgespräche, die in dieser Zeit stattfanden, in der Hoffnung,
Gott möge die Einheit der Kirche erhalten. Sie reiste mit ihrem Mann nach Konstanz, Nürnberg und Wittenberg.
Matthäus Zell starb am 5. Januar 1548, und Katharina predigte an seinem Grab. Dann zog sie sich in das Haus des befreundeten
Pfarrers Oswald Mykonius in Basel zurück, um in seelsorgerlicher Begleitung die Trauer, die sie umfing, zu verarbeiten. Anfang
1549 kehrte sie nach Straßburg zurück, wo sie noch zwei Jahre im Pfarrhaus verbrachte. Martin Butzer und Paul Fagius gewährte
sie Unterschlupf. Für den Aussätzigen Felix Ambrosiaster (Armbruster) schrieb sie eine Auslegung des 51. Psalms, die sie auch veröffentlichen
ließ, um den Mann, der vor den Toren der Stadt hausen musste, in Erinnerung zu rufen.
Als Elisabeth Hecklerin, ein Mitglied des Schwenckfelder Freundeskreises, am 27.6.1562 starb, wollte kein Prediger sie beerdigen. Da
hat sich die kranke Katharina Zell auf den Friedhof tragen lassen, um ihr die Grabpredigt zu halten. Zwei Monate später starb sie selbst
nach langer Krankheit. Die Grabrede wurde von Conrad Hubert gehalten.
Katharina Zell wird als erste Pfarrfrau und Kirchenmutter angesehen und zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich nicht ihrem Mann unterordnete,
sondern selbständig für ihren Glauben eintrat und sich darum auch nicht scheute, ihn vielfach öffentlich zu bekennen in Schrift und
Wort. Dass sie hierin nicht nur einfach ihrem Mann folgte, lässt sich in einer Äußerung Bucers erkennen, der beklagt, dass
Matthäus Zell zu sehr von seiner Frau abhängig sei.
In gewissem Sinne kann man Katharina Zell auch als Vorbotin der feministischen Theologie bezeichnen, da sie sich ohne Umschweife
gegen die diskriminierenden Äußerungen in den paulinischen Schriften wandte und diese theologisch widerlegte.