Nikolaj Frederik Severin Grundtvig wuchs als Kind eines dänischen Pfarrers auf. Dabei empfand er, wie seine Eltern, dass die Menschen den
christlichen Glauben nicht mehr ernst nahmen. Die Ursache dafür sah er in der deutschen Aufklärung, der er den Kampf ansagte. Er wurde zunächst Pfarrer
in Praestø, dann in Kopenhagen. Dort schrieb er das Buch "Kirkens Gjenmæle" (Protest der Kirche) als Antwort auf die Schrift
eines jungen Professors, in der die Vernunft zum Maßstab biblischer Exegese erhoben wurde. Die Schrift Grundtvigs stellte Christus dagegen - er sei die
höchste Autorität, die selbst über das Wort zu stellen sei. Das lebendige, gesprochene Wort hat lebenspendende Kraft. Insofern verließ er reformatorischen
Boden, als er den Grundsatz "sola scriptura" (die Schrift allein) verließ. Woher sollte das gesprochene Wort kommen? Grundtvig begründete seine
Auffassung mit dem apostolischen Glaubensbekenntnis, das sich nicht auf die Schrift berief, sondern auf den lebendigen Christus. Wer dieses Bekenntnis
mitsprach und glaubte, war Teil der Kirche, die mit den zwei Sakramenten Taufe und Abendmahl "das göttliche Gnadenwerk in den Seelen der
Bekenner entzünden und nähren" würde. Sein Buch fand reißenden Absatz.
Der so entbrannte Kampf führte zum Verbot seiner Lieder, woraufhin Grundtvig sein Amt niederlegte. Für ihn war dieser Akt ein Glaubensbekenntnis, das
die Staatskirche nicht mit ihm teilte. Viele Menschen wandten sich ihm zu, hörten seine Predigt und sangen seine Lieder. So begann eine
Erweckungsbewegung.
1839 wurde Grundtvig zum Seelsorger am Vartow-Spital in Kopenhagen ernannt. Von hier aus nährte er mit seiner Predigt die Erweckungsbewegung,
die nun bedeutend zunahm und sich bis nach Norwegen ausbreitete. So erreichte er, dass 1849 ein Staatsgesetz erlassen wurde, das ihm die
Gründung freikirchlicher Gemeinden innerhalb der Volkskirche erlaubte.>BR>
Grundtvig gründete Volkshochschulen, die es ermöglichten, eine Frömmigkeit zu pflanzen, die tragfähig sein würde auch gegen das aufklärerische
Gedankengut, das die Staatskirche leblos gemacht hatte. Er befasste sich intensiv mit de nordischen Traditionen in Schrifttum und Brauchtum, um
diese dem christlichen Glauben zuzuordnen. So gab er Volksliedern neue Texte, die dann schnell zur Ausbreitung seiner Lehre verhalfen.
Er starb in hohem Alter, ohne im Sterbebett gelegen zu haben, bei der Vorbereitung auf die nächste Predigt. Eine große Volksmenge geleitete
den Propheten des dänischen Volkes zum Grab.