Die Bezeichnung "Kar"-Woche stammt vom alten deutschen Wort
"Kara" = Trauer her; die Kirche trauert um ihren Herrn und trägt
Reue und Leid um ihre Sünde. Andere leiten die Bezeichnung vom lateinischen
"caro" = Fleisch ab, das mit der Kreuzigung des Fleisches in Beziehung
gesetzt wird. Jedoch ist hier die Tendenz zu einer falschen Leibfeindlichkeit angelegt,
während bei der ersten Deutung die Neigung zu ernsten, ja traurigen Gottesdiensten
nicht zu unterschätzen ist, obwohl doch auch die Heilige Woche festliche
Höhepunkte hat: Der Gründonnerstag
als Tag der Einsetzung des Heiligen Abendmahls läßt uns die Gemeinschaft
mit dem lebendigen Gott erfahren; das Osterfest
selbst schenkt uns die Verheißung des ewigen Lebens. So ist es am sinnvollsten,
wenn wir die Bezeichnung "Heilige Woche" gebrauchen.
Ursprung der Heiligen Woche ist gewiss das Osterfest
selbst (darüber haben wir das biblische Zeugnis in Offb 1, 10, wo Johannes
von dem "Tag des Herrn" spricht), dem das Gedächtnis des Leidens
Jesu vorgelagert wurde, als sich die Ankunft des Herrn verzögerte; denn nun
erfuhr die Kirche, dass sie vom Weg des Leidens nicht befreit ist, wohl aber
in der Auferstehung eine große Verheißung hat.
Augustin spricht im 5. Jahrhundert von dem heiligen "Triduum"
"des gekreuzigten, begrabenen und auferstandenen Christus", das sich im
Gebrauch der Kirche auf die Tage Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag
verlagerte, obgleich dies dem ursprünglichen Sinn des Triduums nicht entspricht.
In Jerusalem feierte man schon im 3. Jahrhundert die ganze Heilige Woche,
beginnend mit dem Sonntag Palmarum, endend mit der Feier
der Osternacht. Hier bemühte man sich, den Weg Jesu
so treu wie möglich nachzugehen; alle Akte werden nicht nur in der Vorstellung,
sondern leibhaftig vollzogen: das Volk geht mit dem Bischof hinab an den Ölberg
und zieht dann wieder hinauf unter Jubelgesang: "Gelobet sei, der da kommt,
im Namen des Herrn!" Der Weg führt allerdings zur Grabeskirche, symbolisch
verdeutlichend, dass Jesu Köngitum durch das Kreuz begründet ist.
Und so geht es fort. Die Osternacht wird in der Grabeskirche
gefeiert, denn nirgendwo sonst kann die Auferstehung so deutlich werden wie an der
Ruhestätte der Toten. Daher wird auch heute, wo die Osternacht
wieder neu entdeckt und gefeiert wird, häufig dieser Gottesdienst in der Friedhofskapelle
oder am Friedhof begangen.
Von den acht Tagen der Heiligen Woche her empfängt der Christ Kraft
und Mut, den Weg durch die Leiden dieser Welt zur Gemeinschaft aller Heiligen in
der Auferstehung mit unserem Herrn Jesus Christus zu gehen. Das Kirchenjahr führt
zu dieser Heiligen Woche hin, hat hier seinen Höhenpunkt, um von diesem
Höhepunkt aus dann im Laufe der Trinitatiszeit einzelne
Gesichtspunkte des Lebens unter der Führung Gottes zu betrachten.
Während die einzelnen Festtage auch einzeln beschrieben werden, kann an
den übrigen Tagen der Heiligen Woche eine besondere Andacht stattfinden:
Montag
Am Montag der Heiligen Wochen wird an die Salbung Jesu in Bethanien
(Mk 14, 3-9) gedacht. Zu passender Stunde (der Sterbestunde Jesu) wird die Passion
nach Johannes (Kapitel 18 und 19) gelesen.
Dienstag
Zu passender Stunde (der Sterbestunde Jesu) wird die Passion nach Lukas (Kapitel
22 und 23) gelesen.
Mittwoch
Zu passender Stunde (der Sterbestunde Jesu) wird die Passion nach Markus (Kapitel
14 und 15) gelesen.
Es kann auch von Montag bis Mittwoch eine Passion abschnittweise gelesen
werden, z.B.
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Montag: Lk 22, 1 - 38
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Dienstag: Lk 22, 39 - 23, 12
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Mittwoch: Lk 23, 13 - 56
Die liturgische Farbe in der Heiligen Woche wechselt je nach dem Fest.