Der Vorletzte Sonntag im Kirchenjahr befasst sich mit dem Weltgericht, wie es vielfach im Neuen Testament angekündigt wird. Viele Menschen unterliegen der Gefahr, das Kommen des Weltgerichtes in den Zeichen dieser Zeit zu sehen: in Verwüstungen, Naturkatastrophen, Kriegen usw. Dabei machen sie sich zu Beobachtern, obgleich sie doch selbst Betroffene sein müssten. Andere meinen, dass es kein Weltgericht geben wird, höchstens einen - dann aber menschengemachten - Weltuntergang. Doch gerade der Glaube daran, dass es einen Tag (nicht im Sinne eines 24-Stunden-Tages) geben wird, an dem Gott das Leben eines jeden Menschen betrachten und auch richten wird, hilft doch, uns mit der Ungerechtigkeit, wie sie in unserer Welt immer wieder deutlich sichtbar wird, in gewisser Weise zu versöhnen. Denn wir wissen, dass nicht Menschen, sondern Gott das letzte Wort hat. In diesem Glauben können wir darum auch unverzagt dem Tag des Weltgerichts entgegen sehen, weil wir darauf vertrauen, dass Gott barmherzig und gnädig ist und durch Jesus Christus dem vergibt, der sich ihm in Vertrauen zuwendet. Somit ist es wohl angebracht, das Weltgericht als ein positives Geschehen zu erwarten und nicht als etwas, das Zerstörung und damit Leid bringt.
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I - Hiob 14, 1-6(7-12)13(14)15-17Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt kurze Zeit und ist voll Unruhe, 2 geht auf wie eine Blume und fällt ab, flieht wie ein Schatten und bleibt nicht. 3 Doch du tust deine Augen über einen solchen auf, dass du mich vor dir ins Gericht ziehst. 4 Kann wohl ein Reiner kommen von Unreinen? Auch nicht einer! 5 Sind seine Tage bestimmt, steht die Zahl seiner Monde bei dir und hast du ein Ziel gesetzt, das er nicht überschreiten kann: 6 so blicke doch weg von ihm, damit er Ruhe hat, bis sein Tag kommt, auf den er sich wie ein Tagelöhner freut. 7 Denn ein Baum hat Hoffnung, auch wenn er abgehauen ist; er kann wieder ausschlagen, und seine Schösslinge bleiben nicht aus. 8 Ob seine Wurzel in der Erde alt wird und sein Stumpf im Boden erstirbt, 9 so grünt er doch wieder vom Geruch des Wassers und treibt Zweige wie eine junge Pflanze. 10 Stirbt aber ein Mann, so ist er dahin; kommt ein Mensch um â wo ist er? 11 Wie Wasser ausläuft aus dem See, und wie ein Strom versiegt und vertrocknet, 12 so ist ein Mensch, wenn er sich niederlegt, er wird nicht wieder aufstehen; er wird nicht aufwachen, solange der Himmel bleibt, noch von seinem Schlaf erweckt werden. 13 Ach dass du mich im Totenreich verwahren und verbergen wolltest, bis dein Zorn sich legt, und mir ein Ziel setzen und dann an mich denken wolltest! 14 Meinst du, ein toter Mensch wird wieder leben? Alle Tage meines Dienstes wollte ich harren, bis meine Ablösung kommt. 15 Du würdest rufen und ich dir antworten; es würde dich verlangen nach dem Werk deiner Hände. 16 Dann würdest du meine Schritte zählen, aber hättest doch nicht Acht auf meine Sünden. 17 Du würdest meine Übertretung in ein Bündlein versiegeln und meine Schuld übertünchen.
Dieser Ausschnitt aus der Antwort Hiobs an Zofar ist deprimierend.
Hiob wirft Gott die Pein vor, die er selbst erleidet. Zunächst stellt er schlicht
fest, dass der Mensch ein nur kurzes, unruhiges Leben hat, das so flüchtig
ist wie ein Schatten. Nun aber kommt Gott und schaut sich so ein Menschenkind genau
an, obwohl er doch schon alles weiß, obwohl Gott schon längst die Tage
dieses Menschen gezählt hat. Darum bittet Hiob, in Ruhe gelassen zu werden,
damit er in Frieden sterben kann. Denn das Schauen Gottes auf diesen Menschen kann
ja nur Strafe nach sich ziehen, weil der Mensch es nicht vollbringt, schuldlos zu
sein.
Hiob will also von Gott in Ruhe gelassen werden, weil sein Leben ohnehin schon kurz
und von viel Mühe und Unruhe belastet ist. Er will, dass Gott einsieht, dass
der Mensch schon genug gestraft ist durch die Kürze seines Lebens.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang wird nicht ohne Weiteres
deutlich. Wo wird hier vom "Kommen des Herrn" geredet? Wenn man genauer
hinschaut, kann man es schon erkennen, aber es ist ein bedrohliches Sich-Nähern,
das wir hier beobachten: Gottes Nähe ist unerwünscht, der Mensch ist sich
ja seiner Fehlerhaftigkeit bewusst, er fürchtet den richtenden Blick Gottes,
dem er sich nicht entziehen kann.
Die Predigt dürfte also versuchen, herauszufinden, wo wir uns vor Gott fürchten,
und diese Furcht dann bei den Hörnern packen. Denn dieses Gottesbild, das Hiob
pflegte, ist ja auch heute noch in vielen Menschen lebendig. Die Barmherzigkeit
Gottes wird hier nicht sichtbar, oder sie liegt allein darin, dass er sich vom Menschen
abwendet. Aber so hat Gott ja nicht gehandelt. Er hat das Elend der Menschen gesehen,
ihre Not und ihre Mühe, und sich ihrer erbarmt. Darum ist er ihnen ganz nahe
gekommen, hat diese Not selbst durchlitten, um sich mit ihnen gewissermaßen
zu solidarisieren. Und wenn dies verstanden wird, erkennen wir die Verheißung,
die in den Worten liegt: Fürchte dich nicht!
Gott der Vater steh uns bei (EG 138)
Jerusalem, du hochgebaute Stadt (EG 150)
Wir warten dein, o Gottes Sohn (EG 152)
Gott rufet noch (EG 392)
Liebe, die du mich zum Bilde (EG 401)
Die Herrlichkeit der Erden (EG 527)
Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen (EG 518)
Ach wie flüchtig, ach wie nichtig (EG 528)
Fürchte dich nicht (NB-EG 595)
Wir sind mitten im Leben (
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