das Kirchenjahr

1. Sonntag im Advent

Der kommende Herr

Predigtanregung

Der 1. Sonntag im Advent steht unter dem Zeichen des Evangeliums vom Einzug Jesu in Jerusalem. Vordergründig hat diese Erzählung nichts mit Advent und schon gar nicht mit dem Christfest zu tun. Wenn man aber etwas weiter darüber nachdenkt, fällt gerade in unserer Zeit auf, dass wir selbst unseren Herrn ja so begrüßen wie damals die Menschen in Jerusalem - als den Sohn Davids, den Messias - um ihn dann wenig später zu verachten und ans Kreuz zu bringen. Heute ist es wohl unser Konsumverhalten, das unseren Herrn ans Kreuz bringt.
Als Anfang des Kirchenjahres wird dem 1. Advent liturgisch eine hervorgehobene Bedeutung gegeben, was sich vor allem in den Gebeten niederschlägt. Ebenso kann an diesem Sonntag auch das „Gloria in excelsis Deo” gesungen werden.
Lesen Sie mehr über die Adventszeit.
Der originale Name des 1. Adventssonntags lautet „Ad te levavi”, was sich von dem früheren lateinischen Introitus ableitet („Zu dir erhebe ich meine Seele”, Ps 25,1).

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VI - Ps 24

1 Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen.
2 Denn er hat ihn über den Meeren gegründet und über den Wassern bereitet.
3 Wer darf auf des Herrn Berg gehen, und wer darf stehen an seiner heiligen Stätte?
4 Wer unschuldige Hände hat und reinen Herzens ist, wer nicht bedacht ist auf Lug und Trug und nicht falsche Eide schwört:
5 der wird den Segen vom Herrn empfangen und Gerechtigkeit von dem Gott seines Heiles.
6 Das ist das Geschlecht, das nach ihm fragt, das da sucht dein Antlitz, Gott Jakobs. (Sela)
7 Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!
8 Wer ist der König der Ehre? Es ist der Herr, stark und mächtig, der Herr mächtig im Streit.
9 Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!
10 Wer ist der König der Ehre? Es ist der Herr Zebaoth, er ist der König der Ehre. (Sela)

Ich sage es ganz ehrlich: Ich predige nicht gerne über Psalmen. Denn Psalmen wollen als Gebete verstanden werden, ja, sie sind nicht selten sehr persönliche Gebete, die wir uns zwar zu eigen machen können, aber sie zum Gegenstand einer Predigt zu machen, ist meiner Ansicht nach nicht der richtige Weg, um dies zu tun. Dennoch war es Bestandteil der Perikopenrevision von 2018, auch öfters Psalmen in die Perikopenreihe aufzunehmen. Der Zugang wird etwas dadurch erleichtert, dass der Name „Lied” bedeutet, und Liedpredigten sind leichter möglich, weil der Dichter des Textes will, dass viele Menschen sich diese Lieder zu eigen machen.
Der 24. Psalm ist klassisch schon dadurch, dass seine Verse durch das Lied „Macht hoch die Tür” (EG 1) für uns eine zum Advent gehörende Melodie bekommen haben. Er stellt fest, dass Gott, der die Welt erschaffen hat, sie auch zu Recht sein Eigen nennen darf mit allen Geschöpfen, die darauf leben. Der Kern des Psalms ist aber die Frage, wer sich Gott nahen darf. Hier wird eine sehr menschliche Sichtweise Gottes angewandt, denn schon Salomo wusste, dass auch der schönste und größte Tempel Gott nicht fassen kann, weil, bildlich gesprochen, die Erde der Schemel seiner Füße ist. Sich Gott zu nahen, kann also nicht geschehen, indem man an einen bestimmten Ort geht, sondern indem man sich innerlich gewissermaßen „auf den Weg macht”. Damit das gelingen kann, gibt es auch Orte, die in besonderer Weise diese eigentlich innere Begegnung mit Gott ermöglichen. Das war in der damaligen Zeit der Jerusalemer Tempel, heute sind es Kirchen, für manche Menschen bestimmte andere Orte der Stille.
Dass es auf die innere Haltung ankommt, wird in den Versen 4+6 deutlich. Im Vers 5 wird allen Menschen, die Gott begegnen wollen und sich dazu auf den Weg machen, der Segen Gottes verheißen.
Die Verse 7 bis 10 finden sich dann in dem bereits genannten Lied wieder und fordern dazu auf, die Tore und Türen zu öffnen, damit der König der Ehre einziehen kann. Rhethorisch wird gefragt, wer dieser König sei, und beide Male wird als Antwort auf den Gott verwiesen, der sich Mose im Dornbusch als der „Ich-bin-da” offenbarte.
In der Predigt müsste nun irgendwie die Brücke geschlagen werden zu Jesus Christus, seinem Sohn, denn wir singen und sprechen diesen Psalm in Erwartung des Kommens Jesu. Auch dies kann schwierig werden, denn wir versuchen dann, dem Psalm die Wurzeln zu nehmen. Gelingen kann es, wenn wir die Einheit Jesu mit dem Vater, dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, deutlich machen.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang scheint offensichtlich, denn der 24. Psalm wurde schon immer mit dem Beginn der Adventszeit in Verbindung gebracht. In meinen Augen geht es hier aber nicht so sehr um die Vorbereitung auf das Christfest, wozu die Adventszeit ja im Wesentlichen dient, sondern um die Bereitschaft, den Schöpfer des Himmels und der Erde zu empfangen. Die Menschwerdung Gottes wird hier nicht thematisiert, sondern seine Wiederkunft als der Herrscher über Himmel und Erde, als der Allmächtige.
Natürlich lässt sich dennoch die Brücke schlagen, aber gerade auch im Blick auf das Evangelium scheint es angebracht, in der Predigt nicht das Christfest, sondern unsere Bereitschaft, den Herrn, wenn er kommt, zu empfangen, in den Vordergrund zu stellen. Denn Advent und Christfest ist mehr als nur Erinnerung, beide sind nicht nur ein Blick in die Vergangenheit, sondern auch und viel mehr ein Blick in die Zukunft, dem kommenden Herrn entgegen.

Liedvorschläge:

*Macht hoch die Tür (EG 1)
Nun komm der Heiden Heiland (EG 4)
Gottes Sohn ist kommen (EG 5)
Es kommt ein Schiff, geladen (EG 8)
Wie soll ich dich empfangen (EG 11)
Herr Gott, dich loben wir (EG 191)



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