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Zu den Perikopen
Predigtvorschläge zu Reihe I - Joh 20,(19-20)24-29
Liebe Gemeinde!
Das Wort Apostel bedeutet im Grunde nichts anderes als „Gesandter“ oder „Bote”.
Paulus prägte dieses Wort und gab ihm die Bedeutung, die es bis heute behalten hat: Apostel
sind die Menschen, die von Jesus selbst in die Nachfolge gerufen wurden.
Diese Apostel, 12 an der Zahl, waren für die Entstehung und Entwicklung der christlichen
Gemeinde in den ersten Jahrzehnten von besonderer Bedeutung. Und nach einiger Zeit schrieb
man natürlich auch einiges über ihr Leben und Wirken auf, damit ihre Geschichte nicht in
Vergessenheit gerät.
Vieles davon ist Legende, es lässt sich nicht durch andere Zeugnisse überprüfen. Inspiriert
wird die Legende nicht selten durch das, was wir schon in den Evangelien von diesen Menschen
hören.
Heute soll der Apostel Thomas im Mittelpunkt stehen.
Wie anfangs schon erwähnt, wird von ihm vor allem im Johannes-Evangelium berichtet. Einen
dieser Berichte haben wir gerade gehört.
Es ist eigentlich nur eine Erwähnung.
Schon vorher taucht der Apostel Thomas einmal auf und hat dort eine wichtige Funktion für
die ganze Schar der Jünger Jesu.
Jesus hatte die Pharisäer und Schriftgelehrten in Jerusalem so sehr provoziert, dass sie
ihn töten wollten. Sie hatten schon die Steine in der Hand, um ihn zu steinigen, doch er
entkam ihnen und zog sich mit seinen Jüngern zurück in das Land jenseits des Jordans. Hier
genossen sie eine gewisse Sicherheit und mussten nicht um ihr Leben fürchten.
Doch dann erreichte sie die Nachricht von der schweren Erkrankung des Lazarus, des Bruders
der Maria und Martha.
Nach allem, was geschehen war, musste eine Rückkehr nach Jerusalem den Tod Jesu und vielleicht
auch all seiner Jünger bedeuten, weswegen diese versuchten, Jesus daran zu hindern, wieder
dorthin zurück zu kehren, um Lazarus zu heilen.
Doch Jesus, nachdem er zwei Tage gewartet hatte, beschloss nun doch, nach Betanien zu ziehen,
dem Ort, wo Maria und Martha wohnten – ganz in der Nähe Jerusalems.
Die Jünger waren entsetzt und wollten ihn daran hindern, redeten ihm noch einmal gut zu. Doch
Thomas erhob seine Stimme und sagte:
„Lasst uns mit ihm gehen, dass wir mit ihm sterben.“ (Joh 11, 16)
Aus diesen wenigen Worten erkennen wir, dass Thomas sich mit Jesus fest verbunden fühlte.
Es sind die Worte, die wir sonst nur von Petrus kennen. Doch während Petrus nur von sich
sprach, wendet sich Thomas den übrigen Jüngern zu und fordert sie zur Treue auf.
Insofern ist Thomas eigentlich noch ernsthafter in seinem Bemühen um die Wahrheit, die er
in Jesus findet und auch anderen Menschen vermitteln will.
Der Apostel Thomas wird uns so zu einem Vorbild der Treue und der Ernsthaftigkeit im
Glauben. Man kann es sich fast vorstellen, wie er diese Worte zu den Jüngern spricht
und dann los geht, den Schritten seines Herrn folgend, ohne sich noch einmal umzusehen.
Die übrigen Jünger dürften von solch tiefem Vertrauen in die Kraft Gottes, die über den
Tod hinaus reicht, überrascht worden sein. Jedenfalls wird von keinem Widerspruch berichtet.
Plötzlich erkannten sie alle, dass sie nur in der Nachfolge Jesu auch zum Leben gelangen
können und sicher nicht dadurch, dass sie sich irgendwo versteckten.
Dreimal wird von Thomas im Johannes-Evangelium berichtet, und das dritte Mal ist uns am
vertrautesten.
Es führt uns zu der Zeit nach dem Ostergeschehen. Jesus war auferstanden und den
Jüngerinnen und Jüngern erschienen, allein Thomas war nicht dabei gewesen.
Als ihm davon berichtet wurde, dass die anderen den Auferstandenen gesehen hätten, wollte
er es nicht glauben, sondern sagte: „Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe
und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's
nicht glauben.“ (Joh 20, 25)
Diese Worte haben ihm später den Beinamen „der Zweifler“ oder gar „der Ungläubige“
verliehen.
Als dann eine Woche später Jesus wieder den Jüngern erscheint, ist Thomas dabei. Jesus
wendet sich ihm direkt zu und bietet ihm an, seine Hände in die Wundmale zu legen.
Doch Thomas fällt nur auf die Knie und spricht als erster das Bekenntnis der Christenheit:
„Mein Herr und mein Gott“.
Als Herrn hatten auch die anderen Jünger Jesus immer wieder bezeichnet. Das war ein
Hoheitstitel, der großen Herrschern zukam. Doch als Gott war er noch nicht angesprochen
worden – das findet hier erstmalig statt durch die Worte des Thomas.
Zwar gibt es das sogenannte Petrusbekenntnis, aber hier wird Jesus nicht als Gott
angesprochen. Vielmehr sagt Petrus nur: du bist der Sohn des lebendigen Gottes.
(Mt 16)
Im Johannes-Evangelium finden wir diese Szene gar nicht, weswegen es wohl richtig ist,
festzustellen, dass Thomas hier einen einzigartigen Schritt nach vorne macht: Jesus ist
Gott.
Das ist nicht nur ein Bekenntnis. Schlagartig ist klar: Jesus ist Gott in keiner Weise
untergeordnet, sondern vielmehr Gott selbst.
Ihm gebührt alles Lob.
Mit dieser Botschaft zog der Apostel Thomas in die Welt hinaus. Nach den sogenannten
Thomasakten, die von den Taten des Thomas berichten, zog er nach Äthiopien, Abessinien
und schließlich auch Indien.
Die Legende berichtet, dass er in Indien von dem König Gundaphar als Baumeister ernannt
wurde, damit er ihm einen großen Palast im römischen Stil baute. Das Geld, das Thomas
dazu anvertraut wurde, benutzte dieser aber, um den Armen zu helfen, während der König
auf Reisen war. Außerdem predigte er das Evangelium und taufte viele Menschen.
Als der König zurückkehrte, ließ er Thomas ins Gefängnis werfen, weil er das Geld nicht
für den Bau des Palastes verwendet hatte. Doch erschien dem König im Traum sein Bruder
und erklärte, dass Thomas für ihn im Himmel den herrlichsten Palast gebaut habe.
Daraufhin ließ sich Gundaphar taufen und erlaubte Thomas, auch in andere Gebiete zu
ziehen, um das Evangelium weiter zu sagen.
Über seinen Tod gibt es verschiedene Versionen, die alle darin übereinstimmen, dass
er von einem Brahmanischen Priester mit einer Lanze oder einem Schwert ermordet wurde.
Am häufigsten wird Thomas dargestellt, wie er seine Hand in die Wunden des Auferstandenen
legt. Man findet aber auch Darstellungen, auf denen er ein Winkelmaß, das Zeichen des
Baumeisters, oder eine Lanze in der Hand hält als Hinweis auf seinen Tod.
In Indien gibt es heute Christen, die sich selbst direkt auf den Apostel Thomas
zurückführen und darum Thomas-Christen nennen.
Er wird in den Evangelien auch als „der Zwilling“ bezeichnet, woraus man später
ableitete, er sei ein Zwilligsbruder Jesu gewesen. Als weiterer Name wird häufig
Judas genannt.
Thomas veranlasst Jesus, die Worte zu sagen, die wir in der Evangelienlesung gehört
haben: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater
denn durch mich.“
In diesem Wort wird deutlich, was Thomas dann später selbst bekennt: Mein Herr und
mein Gott. Jesus öffnet uns den Weg zu unserem himmlischen Vater, weil er mit ihm
eins ist, wie er selbst sagt. Wer sich ganz auf Jesus einlässt, sich ganz auf ihn
verlässt, so wie Thomas es getan hat, der wird auch zum Ziel kommen.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Nun lasst uns gehn und treten (EG 58)
Der du die Zeit in Händen hast (EG 64)
Jerusalem, du hochgebaute Stadt (EG 150)
Lasset uns mit Jesus ziehen (EG 384)
Vertraut den neuen Wegen (EG 395)
Bei dir, Jesu, will ich bleiben (EG 406)
Vertrauen wagen (NB-EG 607)
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