Eine Berufung des Thomas ist uns nicht überliefert. Er, der auch der "Zwilling"
genannt wird, taucht das erste Mal an einer wichtigen Stelle auf:
Gerade nachdem Jesus knapp der Steinigung entgangen war und mit seinen Jüngern
jenseits des Jordan Zuflucht gesucht hatte vor dienen, die ihm in Jerusalem nach
dem Leben trachteten (Joh 10, 31-42), sagte der Herr: Lasst uns wieder
nach Judäa ziehen! (Joh 11, 7) Für die Jünger ist dieser Entschluß
vollkommen unsinnig, da der Weg nach Judäa allem Anschein nach Selbstmord ist.
In dieser Situation sagt Thomas: Lasst uns mitziehen, dass wir mit
ihm sterben. (Joh 11, 16) Dieser Satz zeigt bedingungslosen Gehorsam, und diese
Haltung ist es auch, die im "Heliand", einer germanischen Evangelienkomposition
des Mittelalters, zum Ausdruck kommt als das rechte Verhältnis des treuen Gefolgsmannes
zu seinem Herrn, dem Ritter, der sich für seinen Gefolgsmann dann einsetzt,
wenn es not tut. Aber noch etwas anderes hören wir in diesen Worten: es ist
Sarkasmus, der mitschwingt, denn Thomas hatte ja schon alles für seinen Herrn
aufgegeben, warum sollte er da nicht auch sein Leben hingeben? Wir spüren eine
starke Entschlossenheit, die zu keinem Kompromiß bereit ist.
Aber die Entschlossenheit hält nicht durch; als der Herr gekreuzigt wird,
ist Thomas nicht dabei. Aber sollte er nicht auch enttäuscht sein, nachdem
der Herr ihn, der ihm bedingungslos gefolgt war, im Stich gelassen hatte, indem
er sich kampflos den Feinden auslieferte? Thomas fühlte sich vom Herrn verlassen,
und so wundert es nicht, dass er Beweise verlangt, als ihm gesagt wird, der
Herr sei auferstanden. Aber als er dann Jesus gegenübersteht, fällt er
auf die Knie und bekennt aufrichtig: Mein Herr und mein Gott! (Joh 20,
29)
Folgen wir der Überlieferung, so ist Thomas nach der Ausgießung des
Heiligen Geistes nach Persien und Indien gewandert und hat dort das Evangelium verkündigt.
Noch heute gibt es dort die "Thomaschristen", die sich direkt auf den
Apostel Thomas zurückführen.
Über sein Ende wissen wir nichts. Vermutlich wurde er von Heiden erschlagen.
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I - Joh 20,(19-20)24-29Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger
versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat
mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!
20 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da
wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.
24 Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.
25 Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu
ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale
lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's nicht glauben.
26 Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt, und Thomas
war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und
spricht: Friede sei mit euch!
27 Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände und
reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
28 Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!
29 Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind,
die nicht sehen und doch glauben!
Anregung folgt später
Liedvorschläge:Nun lasst uns gehn und treten (EG 58)
Der du die Zeit in Händen hast (EG 64)
Jerusalem, du hochgebaute Stadt (EG 150)
Lasset uns mit Jesus ziehen (EG 384)
Vertraut den neuen Wegen (EG 395)
Bei dir, Jesu, will ich bleiben (EG 406)
Vertrauen wagen (NB-EG 607)
Himmlischer Vater,
wir danken dir, dass du immer wieder Menschen in deine Nachfolge rufst. Ihre Verkündigung
hilft uns, im Glauben zu wachsen und selbst den Mut zu finden, dein Wort weiter zu sagen.
So danken wir dir heute besonders für das Leben des Apostels Thomas, sein Vertrauen und seine Hingabe.
Wir bitten dich, dass du allen Zweifel von uns nimmst, auch wenn wir nicht sehen, was Thomas sehen durfte.
Wir bitten dich: mache uns fest in der Gewissheit, dass nichts uns von deiner Liebe trennen kann.
Im Vertrauen darauf rufen wir dich an
für die, die vom Zweifel überwältigt sind und nicht glauben können, was uns von dir gesagt ist;
für die, die durch ihr eigenes Leid oder das Leiden anderer nicht mehr die Kraft finden, auf deine Liebe zu vertrauen;
für die, denen es so gut geht, dass sie glauben, dich nicht zu brauchen;
für die, die gefangen sind, weil sie Unrecht getan haben;
für die, die gefangen sind, weil sie die Wahrheit gesagt haben;
für die, die keine Hoffnung mehr haben;
für die, die nicht wissen, ob sie am nächsten Tag etwas zu essen haben werden.
Lass uns mutig sein auf dem Weg, den du uns führst, und nicht davon abweichen, damit dein Name in dieser Welt verherrlicht werde.
Amen
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