Seit dem 5. Jahrhundert feiert die Kirche einen Erntedanktag. Häufig fiel dieser mit dem
Michaelistag zusammen, da hier das Wirken Gottes durch die
Engelmächte, das in der Natur sichtbar werden kann, bedacht wurde. Der Tag wurde später auf den Sonntag nach
Michaelis verlegt. In der südlichen Hemisphäre wäre es wohl angebracht, diesen Tag nicht an Michaelis zu
orientieren, sondern in die Nähe der Erntezeit zu rücken.
Seit der Perikopenrevision 2018, aber auch schon vorher ist man dazu übergegangen, das Erntedankfest auf den 1. Sonntag
im Oktober zu legen. Dies entspricht auch in den meisten Fällen der Orientierung am Michaelisfest. Durch diese
Vereinfachung der Festlegung geht aber der Bezug zum Michaelisfest gänzlich verloren, weswegen ich diese Besonderheit
auf meiner Webseite beibehalte und, falls der Kalender es zulässt, das Erntedankfest auch für den 30. September anzeige.
Das Erntedankfest lässt den Menschen dankbar auf die Schöpfung blicken, die ihm gegeben ist, um sein irdisches Leben zu
erhalten.
Das Erntedankfest liegt in der Nähe des Endes des Kirchenjahres. Es ist ein traditionsreiches Fest, in dem der Schwerpunkt auf
dem Danken liegt für Gottes vielfältige Gaben, mit denen er uns versorgt. Der Dank äußert sich auch darin, dass
wir bereit sind zum Teilen dessen, was letztlich ohnehin nicht uns gehört, sondern geschenkt ist, denn Wachstum und Gedeihen
gibt der Herr.
Klicken Sie hier für die Anregungen für alle Predigtreihen (soweit vorhanden)
I - Jes 58, 7-12Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! 8 Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn wird deinen Zug beschließen. 9 Dann wirst du rufen, und der Herr wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich. Wenn du in deiner Mitte niemand unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht übel redest, 10 sondern den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag. 11 Und der Herr wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein wir ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt. 12 Und es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward; und du sollst heißen: „Der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne.”
Ein wunderbares Bild, eine wunderbare Rede. Sie gilt
dem Volk Israel, das wieder zurückkehrt und sich in seiner alten
Heimat sammelt. Der Text ist Teil der Rede vom rechten Fasten und
betont sehr deutlich die Wichtigkeit der Beachtung des Nächsten.
Und wenn dies geschieht, wird Gott immer für sein Volk da sein
und ihm Kraft und Zuversicht schenken. Der Text ist ein Lobpreis
solzialer Gerechtigkeit.
Dennoch sind dies alles Konditionalsätze. Nur wenn diese soziale
Gerechtigkeit auch tatsächlich umgesetzt wird, dann kann Gott
versprechen, für sein Volk da zu sein.
Der Text zeigt uns deutlich, dass schon dem alten Volk Israel die
sozialen Bedürfnisse und Nöte bekannt waren. Ihm fehlt aber
gewissermaßen das Evangelium, denn er stellt Bedingungen,
aufgrund deren Gott erst handeln kann. Die soziale Gerechtigkeit ist
also nicht Frucht von Gottes Handeln, sondern die Bedingung für
sein Handeln.
Vom kirchenjahreszeitlichen Zusammenhang her sieht
der Text etwas anders aus. Das Erntedankfest hat Dankbarkeit zum
Thema, Dankbarkeit für das, was wir von Gott empfangen. Dabei müssen
wir uns heute um so mehr daran erinnern, dass das, was wir in
Plastikverpackungen kaufen und dann verzehren, nicht erst von
Maschinen produziert wurde, sondern zumindest in seinen Rohstoffen ein
Geschenk der Natur und damit ein Geschenk Gottes ist. Dafür sind
wir dankbar, auch wenn wir inzwischen für alles bezahlen und
damit einen rechtsgültigen Anspruch darauf haben, denn es könnte
auch der Fall eintreten, dass wir eines Tages diese Rohstoffe nicht
mehr zur Verfügung haben.
Aus dieser Dankbarkeit leitet sich verantwortliches Handeln mit dem,
was wir haben, ab. Es leitet sich daraus auch Sozialverhalten ab: was
wir im Überfluss haben, dürfen wir nicht für uns
behalten.
Hier greift der Predigttext wieder. Aus der Tatsache, dass wir diese
Dinge nicht selbstverständlich empfangen, leitet sich auch eine
Verantwortung ab. Wir können über unseren Reichtum nicht
frei verfügen.
Zu dieser Perikope steht ein Predigtspiel online zur Verfügung.
So jemand spricht: Ich liebe Gott (EG 412)
Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt (EG 413)
Brich dem Hungrigen dein Brot (EG 418)
Allmächtiger Gott, himmlischer Vater: Du sorgst für uns, so dass es uns
gut geht – Tag für Tag. Wir danken dir dafür und bitten dich: lass uns nicht
vergessen, dass wir alles einzig deiner Gnade zu danken haben. Du bist unser
Trost und unsere Hilfe, unsere Kraft und Stärke, ja, unser Leben.
Wir bitten dich:
Für die Politiker und Wirtschaftsmächtigen, denen Güte und Barmherzigkeit fremd
sind, und rufen zu dir:
Herr, erbarme dich.
Für die Streitsüchtigen, die immer Recht behalten wollen, weil sie es sich nicht
anders vorstellen können, und rufen zu dir:
Herr, erbarme dich.
Für die Unsicheren, die Sicherheit suchen in der Vergänglichkeit, und rufen zu
dir:
Herr, erbarme dich.
Für die Friedfertigen, die sich den Waffen in den Weg stellen, und rufen zu
dir:
Herr, erbarme dich.
Für die Verlassenen, die weder ein noch aus wissen, die keinen Sinn mehr finden
können für ihr Leben, und rufen zu dir:
Herr, erbarme dich.
Für die Sterbenden, die sich an ihr Leben klammern, weil sie keine andere Hoffnung
haben, und rufen zu dir:
Herr, erbarme dich.
Für die Heranwachsenden, die Orientierung und Hilfe suchen, und rufen zu dir:
Herr, erbarme dich.
Für die Menschen, die mit sich selbst zufrieden sind und in sich selbst genug haben,
und rufen zu dir:
Herr, erbarme dich.
Für die Christen in der ganzen Welt, die mit wenigem zufrieden sind, die Hilfe suchen
bei dir, die verfolgt werden um ihres Glaubens willen, und rufen zu dir:
Herr, erbarme dich.
Für die Hungernden in der Welt, die nichts haben, deren stummer Ruf viel zu wenig gehört
wird, und rufen zu dir:
Herr, erbarme dich.
Lass dein Licht leuchten in dieser Welt, auch durch uns, damit sich die Häupter erheben
dir entgegen, und lass uns teilhaben an deinem Heil.
Das bitten wir dich, dem allein Lob und Preis gebührt in Ewigkeit.
Amen
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