Der Sonntag Septuagesimä läutet die Vorfastenzeit ein. Der Name deutet auf die 70 Tage hin, die mit dem Sonntag nach Ostern, Quasimodogeniti, vorüber sind. Dies umschließt also die Osterzeit und macht schon so sehr deutlich, dass die (Vor)fastenzeit nicht dazu dient, sich zu peinigen, sondern eher, im Leiden Gott zu erkennen. Das Thema \"Lohn und Gnade\" leitet sich vom Evangelium ab, dem Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. Der Schwerpunkt liegt auf der Unterscheidung von Lohn und Gnade: Während Lohn verdient wird und somit berechenbar ist, ist Gnade weder verdient noch berechenbar.
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V - Mt 9, 9-13Und als Jesus von dort wegging, sah er einen Menschen am Zoll sitzen, der hieß Matthäus; und er sprach zu ihm: Folge mir! Und er stand auf und folgte ihm. 10 Und es begab sich, als er zu Tisch saß im Hause, siehe, da kamen viele Zöllner und Sünder und saßen zu Tisch mit Jesus und seinen Jüngern. 11 Als das die Pharisäer sahen, sprachen sie zu seinen Jüngern: Warum isst euer Meister mit den Zöllnern und Sündern? 12 Als das Jesus hörte, sprach er: Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. 13 Geht aber hin und lernt, was das heißt (Hosea 6,6): «Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer.» Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten.
Die Berufung des Matthäus ist in dieser
Perikope eigentlich nur Beiwerk. Es ist noch nicht einmal klar, ob das Haus, in
das sich Jesus begibt, das des Matthäus ist. Weiter wäre es sogar
denkbar, dass der Matthäus nicht etwa ein Zöllner ist, sondern nur
ein Mensch, der mehr oder weniger zufällig neben dem Tisch des
Zöllners saß. Es war immerhin ein Platz, an dem alle Menschen
vorbeikamen, die in die Stadt wollten. Diese Gedanken werfen zwar alles um, was
uns die Tradition und der Vergleich mit den anderen Evangelien gelehrt hat, sie
dienen aber dazu, sich bewusst zu machen, dass dieser Text ganz andere
Schwerpunkte hat. Was in diesen Text hineingelegt wurde, geht jedenfalls weit
über das Ziel hinaus und führt einen u.U. sogar auf falsche
Pfade.
Es ist natürlich beeindruckend, dass Matthäus ohne mit der
Wimper zu zucken aufsteht und Jesus nachfolgt. Im Mittelpunkt steht aber dann
das „zu Tisch sitzen mit den Zöllnern und Sündern” - Zöllner in
einem Atemzug mit Sündern genannt, denn sie taten, was ein frommer Jude
nie wagen würde: sie kollaborierten mit den Römern zu ihrem eigenen
Vorteil.
Bis zu Vers 12 ist der Fortgang der Geschichte leicht zu
verstehen: die Frage der Pharisäer, die nicht unbedingt gleich als Vorwurf
gesehen werden muss, und Jesu Antwort, der die Starken den Schwachen
gegenüberstellt und sich selbst in die Position des Arztes rückt, der
von den Schwachen gebraucht wird, nicht aber von den Starken. Sicher wussten
die Pharisäer, dass sie mit den Starken gemeint waren. Bemerkenswert ist,
dass diese Aussage Jesu ihre Position in keiner Weise schwächt, sie also
nicht verdammt, sondern einfach nur feststellt, wer Hilfe braucht. Das sind nun
mal die Sünder, und die Pharisäer zählen nicht dazu, zumindest
nach ihrem eigenen Selbstverständnis. Würde die Perikope hier
aufhören, könnte man sogar meinen, dass auch Jesus dieses
Verständnis teilt. Aber er sagt weiter in Vers 13: „Geht aber hin und
lernt, was das heißt: Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkiet und nicht
am Opfer.” Dieser Satz ist ganz entscheidend, denn er hält den
Pharisäern dann doch vor, was vor Gott wichtiger ist: Barmherzigkeit und
nicht das Opfer. Daran können sie nun selbst erkennen, ob sie gerecht sind
oder nicht, stark oder schwach, gerecht oder sündig.
Der
abschließende Satz schließlich wiederholt noch einmal das bereits
Gesagte, nur mit klareren Worten. Eine Reaktion bleibt aus, der Leser
weiß nicht, ob die Pharisäer sich diese Worte zu Gemüte
führen. Es wäre interessant, dieser Frage nachzugehen, was nun aus
den Pharisäern wird.
Der kirchenjahreszeitliche
Zusammenhang besteht darin, dass hier erkenntlich wird, dass Gott sich
denen zuwendet, die ihn brauchen. Interessant ist sicher die Beobachtung, dass
er dies aus freien Stücken tut, also nicht, weil er darum gebeten wird.
Gott sucht die Gemeinschaft mit denen, die nicht in die Gesellschaft
hineinpassen.
Für die Predigt kann das bedeuten, dass man auf die
Suche nach Gott gehen könnte: ist er wirklich bei uns, wie wir es so
selbstverständlich annehmen? Oder ist er vielmehr bei denen, vor denen wir
Angst haben, die wir meiden, die wir verachten?
Du sollst glauben und nicht wanken (EG 215, 4-8)
Nun lob, mein Seel, den Herren (EG 289)
Ein Arzt ist uns gegeben (EG 320, 4-6)
Jesus nimmt die Sünder an (EG 353)
Mir ist Erbarmung widerfahren (EG 355)
Mir nach, spricht Christus, unser Held (EG 385)
Gott rufet nocht (EG 392)
Lass uns in deinem Namen (KHW-EG 614)
Allmächtiger, ewiger Gott, wir vertrauen auf deine Barmherzigkeit und bitten dich:
Öffne unsere Herzen, dass dein Wort in uns mächtig werde. Lass uns deinen Ruf hören und ihm folgen.
Lass uns nicht aufhören, dein Reich bauen zu wollen hier unter uns. Erfülle uns mit deiner
Liebe, dass wir stets einander lieben. Wir rufen zu dir:
Gem. : Herr, erbarme dich!
Deine Barmherzigkeit hat kein Ende. So erbitten wir sie für die, die Verantwortung tragen in
Politik und Wirtschaft. Lass ihr Handeln nicht vom Geld, sondern von Menschlichkeit und Deiner
Gerechtigkeit bestimmt sein. Hilf uns selbst, dazu nötige Veränderungen in unserem eigenen
Leben umzusetzen. Wir rufen zu dir:
Gem. : Herr, erbarme dich!
Wir erbitten deine Barmherzigkeit für die, die ruhelos sind und keinen Frieden finden. Hilf
ihnen, dass sie all das, was ihnen Sorgen und Unruhe bereitet, ablegen können. Schenke ihnen
die Gewissheit, dass du alles vollendest und unser eigenes Mühen umsonst ist, wenn wir es
nicht in deine Hände legen. Wir rufen zu dir:
Gem. : Herr, erbarme dich!
Wir erbitten deine Barmherzigkeit für unsere Familien, für die Jungen und Alten: Gib den Eltern
Weisheit, ihre Kinder im Glauben an dich zu erziehen. Hilf den Jungen, dass sie den Rat der
Alten anzunehmen bereit sind. Schenke den alt gewordenen, die sich verloren und überflüssig
fühlen, den Mut, ihre Lebensweisheit einzubringen und so das Leben in unserer Gesellschaft
mit zu gestalten. Lass uns alle deine Liebe erfahren. Wir rufen zu dir:
Gem. : Herr, erbarme dich!
Wir erbitten deine Barmherzigkeit für die Kranken und Sterbenden, dass sie sich in deiner
Liebe geborgen fühlen. Lass sie Kraft gewinnen aus der Gewissheit, dass Du unser Leben in
deiner Hand hältst, dass wir dir gehören und wir dir wert sind. Wir rufen zu dir:
Gem. : Herr, erbarme dich!
In der Stille bringen wir alle die vor dich, die uns lieb und wert sind:
Stille...
Wir erbitten deine Barmherzigkeit für die Menschen, an die wir gerade gedacht haben, und
rufen zu dir:
Gem. : Herr, erbarme dich!
Wir loben und preisen dich, dem allein die Ehre gebührt, und danken dir für deine Treue.
Amen.
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