das Kirchenjahr

Kantate

Die singende Gemeinde

Predigtanregung

Der Name des Sonntags Kantate leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: Cantate Domino canticum novum, quia mirabilia fecit!. (Ps 98, 1a; deutsch s. Antiphon).
Der Sonntag Kantate ist der Singesonntag, was allerdings nicht durch das Evangelium deutlich wird. Andere Perikopen gehen schon eher auf die singende Antwort der Gemeinde auf Gottes Taten ein, d.h. sie berichten vom Lobpreis der Gemeinde. Der Sonntag Kantate befasst sich, so wie schon der Sonntag Jubilate, mit einer Form der Antwort der Gemeinde, was im Gottesdienst dann auch zum Tragen kommen soll.

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I - Apg 16, 23-34

Nachdem man sie hart geschlagen hatte, warf man sie ins Gefängnis und befahl dem Aufseher, sie gut zu bewachen. 24Als er diesen Befehl empfangen hatte, warf er sie in das innerste Gefängnis und legte ihre Füße in den Block.
25Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Und die Gefangenen hörten sie. 26Plötzlich aber geschah ein großes Erdbeben, so dass die Grundmauern des Gefängnisses wankten. Und sogleich öffneten sich alle Türen, und von allen fielen die Fesseln ab. 27Als aber der Aufseher aus dem Schlaf auffuhr und sah die Türen des Gefängnisses offenstehen, zog er das Schwert und wollte sich selbst töten; denn er meinte, die Gefangenen wären entflohen. 28Paulus aber rief laut: Tu dir nichts an; denn wir sind alle hier! 29Da forderte der Aufseher ein Licht und stürzte hinein und fiel zitternd Paulus und Silas zu Füßen. 30Und er führte sie heraus und sprach: Liebe Herren, was muss ich tun, dass ich gerettet werde? 31Sie sprachen: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig! 32Und sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren. 33Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen. Und er ließ sich und alle die Seinen sogleich taufen 34und führte sie in sein Haus und deckte ihnen den Tisch und freute sich mit seinem ganzen Hause, dass er zum Glauben an Gott gekommen war.

Paulus und Silas in Gefangenschaft. Die Geschichte bietet viele Möglichkeiten der Auslegung, indem man sich auf einzelne Personen konzentriert: Paulus zusammen mit Silas stellen die Kraft des Glaubens vor: selbst im Gefängnis, in Ketten gelegt, loben und preisen sie Gott, wohl weil sie darin eine missionarische Gelegenheit sehen. Der Gefängniswärter, der zum Glauben findet angesichts des großen Wuinders. Man könnte vielleicht auch über die anderen, hier nicht erwähnten Gefängnisinsassen nachdenken.
Die Geschichte ist eine von den Wundergeschichten, die sich in der Urkirche ereignen, nachdem Jesus in den Himmel aufgefahren ist. Oft verleiten solche Geschichten zu einer Art Nostalgie: so müsste es doch auch heute sein. Warum geschehen solche Wunder nicht auch unter uns? Und über dieser Nostalgie werden dann all die Wunder missachtet, die sich auch heute in unseren Gemeinden ereignen. Kleine Wunder vielleicht, aber dennoch werden sie oft als Wunder erfahren: wenn es einem Menschen besser geht, der Wochen und Monate krank lag. Wenn eine Familie auf der Urlaubsreise in einen Unfall verwickelt wurde, aber alle unverletzt blieben; wenn Menschen, die jahrelang zerstritten waren, wieder zusammenfinden, usw. Jeder kann aus seiner Erfahrung sicherlich zu dieser Liste beisteuern. Aber diese Wunder sind meist nicht so spektakulär wie das, was in der Bibel geschildert wird, wobei man freilich die Frage zulassen muss, was nach wissenschaftlichem Standard der Wahrheit entspricht und was nicht.
Aber diese Frage zu erörtern, wäre müßig, denn letztlich geht es hier wie in allen Wundererzählungen um ein Glaubensereignis, das sich wissenschaftlich sowieso nicht manifestieren lässt.
Sicherlich ist es die Hinwendung des Gefängniswärters zu Gott, die im Mittelpunkt dieser Geschichte steht. Dass er sich "mit den Seinen sogleich taufen" lässt, ist ein Schritt, den heute so keiner mehr vollziehen würde: jeder hat sein individuelles Recht auf Entscheidung. Aber es wird hier deutlich, dass die Taufe nicht von einer Glaubenserfahrung und Glaubensentscheidung des Individuums abhängt. Wohl findet der Gefängniswärter zum Glauben, dies lässt sich aber nicht von seiner Familie sagen. Dennoch wird sie ohne Diskussion getauft.
So interessant dieses Element der Geschichte ist, so wenig darf sie an diesem Tage im Mittelpunkt stehen. Denn der Sonntag hat ein anderes Thema: Die singende Gemeinde! Und zu diesem Thema passt eigentlich nur der Vers 25. Es ist der Lobpreis der Gefangenen, der letztlich das Wunder auslöst.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang der Perikope ist dadurch zwar nicht sehr stark, aber er ist erkenntlich. Die Wirkung des Lobpreises (man kann wohl davon ausgehen, dass Paulus und Silas sangen) ist vielfältig; auf jeden Fall hat er auf die anderen Gefangenen gewirkt. Man mag sich fragen, wie sie reagierten, denn es war ja schließlich Mitternacht. Es scheint jedenfalls, dass sie nicht verärgert waren. Vielleicht hat dieser Lobpreis, der vielen sicher vertraut war (es ist zumindest wahrscheinlich, dass es sich um Psalmen handelte) sie sogar beruhigt. Das Motiv des Lobpreises bleibt im Hintergrund. Darüber kann die Predigt spekulieren. Wichtig ist aber sicherlich der Aspekt, dass Paulus und Silas sich von dem Elend, in das sie geraten sind, nicht kleinkriegen lassen, sondern vielmehr Gott angesichts ihrer Situation noch zu preisen vermögen. Die Predigt sollte dies aufgreifen und dazu ermutigen, Gott zu danken und zu loben selbst dann, wenn es einem schlecht geht.

Liedvorschläge:

Frühmorgens, da die Sonn aufgeht (EG 111)
Lob Gott getrost mit Singen (EG 243)
Jauchzt, alle Land, Gott zu Ehren (EG 279)
Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer (KHW-EG 610)
Ich lobe meinen Gott (KHW-EG 638; NB-EG 585)



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