Der 24. Sonntag nach Trinitatis kommt nur sehr selten vor. Deswegen gibt es nur drei Predigttexte, die sich in Reihe IV-VI wiederholen. Thematisch bereitet er unmittelbar auf das bevorstehende Kirchenjahresende vor, indem er Gott als den Überwinder des Todes vor Augen führt. Leider hat die Perikopenrevision von 2018 im Blick auf die Epistel diesen Duktus verlassen. Man kann das Thema aber sowohl in der alttestamentlichen als auch in der Evangeliumslesung erkennen.
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I - 1. Kor 9, 16-23D[enn d]ass ich das Evangelium predige, dessen darf ich mich nicht rühmen; denn ich muss es tun. Und
wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigte!
17 Täte ich's aus eigenem Willen, so erhielte ich Lohn. Tue ich's
aber nicht aus eigenem Willen, so ist mir doch das Amt anvertraut.
18 Was ist denn nun mein Lohn? Dass ich das Evangelium predige ohne Entgelt und von meinem
Recht am Evangelium nicht Gebrauch mache.
19 Denn obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht,
damit ich möglichst viele gewinne.
20 Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damitich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz
sind, bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden - obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin -, damit ich die, die
unter dem Gesetz sind, gewinne.
21 Denen, die ohne Gesetz sind, bin ich wie einer ohne Gesetz geworden - obwohl ich doch nicht ohne
Gesetz bin vor Gott, sondern bin in dem Gesetz Christi -, damit ich die, die ohne Gesetz sind, gewinne.
22 Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne. Ich bin allen alles
geworden, damit ich auf alle Weise einige rette.
23 Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an ihm teilzuhaben.
Der Christ gibt sich als Chamäleon, so mag einem dieser Text erscheinen. Er passt sich der Umgebung an, um nur nicht
aufzufallen. Doch nein, so sind die Worte des Paulus nicht zu verstehen. Im Gegenteil. Paulus äußert ein ganz spezifisches
Ziel: das Evangelium allen Menschen zu verkündigen. Dazu ist er berufen, das muss er tun. Aber er tut es nicht,
indem er sich voll Ignoranz irgendwo hinstellt und drauflos predigt, sondern indem er sich mit der Umwelt, in der er
sich befindet, ausgiebig befasst. Er bemüht sich, Ansatzpunkte zu finden (s. die Areopagrede, Apg 17), an denen er
mit seiner Verkündigung anknüpfen kann. Denn nur, wenn die Hörer sich in ihrer Situation verstanden fühlen, sind sie auch
bereit, zuzuhören.
Paulus hat diese Notwendigkeit erkannt und passt sich dementsprechend an, immer mit dem einen Ziel, das Evangelium
zu verkündigen.
Dabei weist er darauf hin, dass die Verkündigung des Evangeliums seine Pflicht ist, an der er nicht vorbeikommt. Es scheint
fast, als sei es ihm aufgezwungen. Aber das ist wohl eher so zu verstehen, dass er die Wahrheit des Evangeliums erkannt hat
und deswegen auch die zwingende Notwendigkeit sieht, diese Wahrheit weiterzusagen, weil er weiß, dass die Menschen
diese Wahrheit brauchen. Nach einem Lohn fragt er dabei nicht, er ist frei geblieben, unabhängig, damit ihm niemand vorschreiben
kann, wie er das Wort verkündigt.
An dieser Stelle wäre ein kleiner Exkurs denkbar: Volkskirche oder Freiwilligkeitskirche? Die Volkskirche sichert den Predigern
ihr Einkommen, wobei der Prediger frei bleibt, das Evangelium so zu predigen, wie er es für richtig hält. Natürlich gibt es
Kontrollmechanismen, die auch eingesetzt werden müssen, aber es ist letztlich nicht die Gemeinde, die dem Prediger, wenn er ihr
nicht gefällt, einfach das Auskommen verweigern kann. Bei einer Freiwilligkeitskirche ist die Verbindung zwischen Prediger
und Gemeinde viel enger: wenn der Prediger nach Ansicht der Gemeinde schlecht ist (was auch und gerade dann der Fall sein
kann, wenn der Prediger die Wahrheit zu sagen versucht), wird ihm einfach sein Gehalt verweigert. Zwar ist dies nur sehr
skizzenhaft und oberflächlich dargestellt, aber dieser Text hilft dazu, darüber nachzudenken.
Der kirchenjahreszeitliche Zusammenhang ist zwar nicht offensichtlich, aber doch erkennbar: Paulus bemüht sich,
Wege zu finden, die Menschen einzuladen, das Evangelium anzunehmen. Dabei respektiert er das kulturelle und soziale Umfeld
der Adressaten seiner Verkündigung vollkommen. Er zeigt keine Arroganz, sondern Verständnis, und kann so auch einladend
wirken.
Ähnlich muss eigentlich jede Predigt sein. Sie muss die Menschen da abholen, wo sie sind. Das sollte gerade in dieser Predigt besonders
deutlich werden. Sie sollte einladen zur Liebe Gottes, die sich auf vielfältige Weise offenbart, und dazu ermutigen, sich vertraut zu
machen mit dem Fremden, um dann auch selbst über den eigenen Glauben reden zu können.
Wach auf, du Geist der ersten Zeugen (EG 241)
Man lobt dich in der Stille (EG 323)
O dass doch bald dein Feuer brennte (EG 255)
Vertraut den neuen Wegen (EG 395)
Wo ein Mensch Vertrauen gibt (EG 630; NB-EG 604)
Vater im Himmel, du beschenkst uns mit deiner Liebe, und trotzdem verzagen wir immer aufs Neue.
Uns fehlt der Mut, auf Menschen zuzugehen und ihnen von deiner Liebe, die uns so überwältigt hat,
zu erzählen. Wir bitten dich: schenke uns den nötigen Mut, damit wir deinen Namen groß machen.
Wir bitten dich für die Menschen, die sich nicht verstanden fühlen und darum der Welt den Rücken zukehren:
sende Menschen zu ihnen, die ein offenes Ohr haben, die frei sind von Vorurteilen und bereit, sich auf
sie einzulassen.
Wir bitten dich für die Mächtigen in der Wirtschaft, dass sie die Bodenhaftung nicht verlieren und ihre
Verantwortung erkennen und wahrnehmen. Wehre allem ausbeuterischen Wesen, wodurch Menschen in anderen
Ländern zu Schaden kommen, nur damit wir möglichst viel kaufen können.
Wir bitten dich für die Mächtigen in der Politik, dass sie nicht auf die nächsten Wahlen, sondern auf
das Wohl der Bevölkerung schauen und nach gerechten und guten Wegen suchen, um allen Menschen ein gutes
und würdiges Leben zu ermöglichen.
Wir bitten dich für unsere Gemeinde, dass wir einladend auf unsere Mitmenschen wirken und deine Liebe
spürbar werden lassen für alle, die dich noch nicht oder nicht mehr kennen.
Wir bitten dich für die Kranken und Altgewordenen, die gerne hier wären, aber dazu nicht mehr in der
Lage sind: hilf uns, dass wir ihnen dein Wort in die Häuser bringen und sie dir danken und dich loben können.
Dein Heiliger Geist wirke unter uns und belebe deine Kirche, damit die Welt erkennt, wer der wahre Herr
ist. Wir loben deine Barmherzigkeit und danken Dir durch Jesus Christus, unseren Herrn, der mit dir und
dem Heiligen Geist lebt und regiert in Ewigkeit.
Amen.
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