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Zu den Perikopen
Predigtvorschläge zu Reihe I - Jes 58, 7-12
Predigtspiel zum Erntedankfest
Personen: 1 Bettler, 1 fromme Person (S2), 1 andere Person (S3), 1 Stimme
aus dem Hintergrund
Bettler geht durch die Kirche, bettelnd: Gibt mir denn niemand etwas zu
essen? (drängt sich einzelnen auf; geht dann langsam zum Altarraum)
Bettler: Was ist denn hier los? Da ist ein Kreuz, also ist das hier wohl
eine Kirche. Aber soviel Essen... Brot und Obst, das ist ja fantastisch! Da kann
ich mich ja tagelang dran satt essen. Aber in der Kirche... darf ich da so einfach
was nehmen? Das sind doch bestimmt Opfergaben (währenddessen tritt S2 langsam
dazu)
Stimme aus dem Hintergrund: Greif nur zu!
Bettler greift nach einer Frucht, doch da ruft S2: Halt!
Bettler (schaut in entgegengesetzter Richtung): Wer hat da Halt gerufen?
Ich bin doch so hungrig! Ich brauche etwas zu essen! (Greift noch einmal nach
der Frucht)
S2: Halt!
Bettler: Das kann doch nicht angehen. Ich bin doch alleine... (dreht
sich um, sieht S2, geht auf S2 zu) Entschuldigen Sie, ich wusste nicht, dass
hier noch jemand ist. Ich bin so hungrig, und ich dachte, wo hier so viel zu essen
liegt... aber wenn Sie nicht wollen, dass ich davon esse, dann werde ich eben wieder
fortgehen (schickt sich an zu gehen).
Stimme aus dem Hintergrund: Bleib und sättige dich!
Bettler: Da, haben Sie das nicht gehört? Da hat doch jemand gesagt,
ich solle bleiben und mich sattessen.
S2: Nein, ich habe nichts gehört. Und das wäre ja noch schöner,
wenn jeder dahergelaufene hier die Erntedankgaben essen würde.
Bettler: Komisch. Ich bin sicher, dass ich eine Stimme gehört habe,
die mich zum Essen einlud (zur Gemeinde:) Habt ihr etwas gehört?
Gemeinde bejaht
Bettler: Ein Segen, dann bin ich also nicht verrückt. (zu S2):
Hören Sie, ich habe eine Stimme gehört, die mich eingeladen hat, hier
zu bleiben und von den Dingen hier zu essen. Warum erbarmen Sie sich nicht und lassen
mich wenigstens ein Brot und etwas Obst essen?
S2: Das kommt nicht in Frage. Heute ist Erntedankfest, da wollen die Menschen
sehen, wie der Altar mit Erntegaben geschmückt ist. Ach, da hat sich wohl doch
schon jemand drüber hergemacht. (tritt zu den Erntegaben und ordnet sie
um)
S3 tritt zum Lesepult und liest Jes 58, 7:
Gott sagt: Gebt den Hungrigen zu essen, nehmt Obdachlose in euer Haus, kleidet
den, der nichts anzuziehen hat, und helft allen in eurem Volk, die Hilfe brauchen.
Bettler hört aufmerksam zu, S2 ist mit dem Umordnen beschäftigt. S2
wendet sich wieder um, sieht Bettler und sagt: Nun gehen sie endlich, Leute
wie Sie haben hier nichts zu suchen.
Bettler: Aber haben Sie nicht gehört, was dort eben vorgelesen wurde?
S2: Sie hören wohl immer Stimmen. Mir reicht das jetzt langsam. Gehen
Sie freiwillig, oder soll ich die Polizei rufen?
Bettler: Ich gehe schon. (Wendet sich ab und geht langsam! auf den
Ausgang zu; setzt sich schließlich zur Gemeinde)
S3 liest Jes 58,10: Wenn ihr den Hungrigen zu essen gebt und euch den Notleidenden
zuwendet, dann wird eure Dunkelheit hell werden, rings um euch her wird das Licht
strahlen wie am Mittag.
S2 hat diesmal hingehört.
S2 zu S3: Entschuldigen Sie, was lesen Sie denn da vor?
S3: Das, was der Prophet Jesaja gesagt hat. Und der hat in Gottes Auftrag
geredet. Das steht alles in der Bibel. Möchten Sie es noch einmal hören?
S2: Ach ja, vielleicht das, was Sie vorhin gelesen haben, da habe ich nicht
so richtig zugehört.
S3 liest Jes 58,7: Gott sagt: Gebt den Hungrigen zu essen, nehmt Obdachlose
in euer Haus, kleidet den, der nichts anzuziehen hat, und helft allen in eurem Volk,
die Hilfe brauchen.
S2: Darauf wollte mich der Bettler vorhin aufmerksam machen. Na gut, vom
Altar muss er ja nichts kriegen,...
S3: Warum eigentlich nicht? (Fragerunde in der Gemeinde???)
S2: Na, das sind doch Opfergaben, die wir Gott geben als Dank dafür,
dass er uns so viel gegeben hat...
S3: Und was hat Gott davon, wenn das alles hier vergammelt? Er will doch,
dass wir einander helfen. Wir zeigen, dass wir dankbar sind, indem wir mit anderen
teilen. Ich würde dem Bettler schon von den Sachen am Altar geben.
S2: Na, ich weiß nicht recht. Vergammeln wird es ja nicht. Wir geben
es doch an unser Altenheim weiter.
S3: Aber die bräuchten es nicht.
S2: Sie haben recht. ... Ob ich den Bettler wiederfinde?
S2 und S3 gehen in verschiedene Richtungen ab. Die Stimme aus dem Hintergrund
liest die 5 Zeilen des Liedes „Brich mit den Hungrigen dein Brot”, EG
420.
Alternatives Ende:
S2 lädt Kinder, die dabei sind, ein, mit ihr/ihm nach dem Bettler zu suchen.
Sie nehmen dann den Bettler mit nach vorne und essen gemeinsam von den Erntedankgaben
(man sollte beim Kirchenschmuck darauf achten, dass ein Korb dafür bereit steht).
Die Gemeinde könnte nun ein Danklied singen, oder „Brich mit den Hungrigen
dein Brot” (EG 420)
oder
Liebe Gemeinde!
Man sieht kaum noch Bilder der Hungernden in der Welt. Die letzten Nachrichten kamen aus
dem östlichen Afrika und wurden vor allem in der ersten Jahreshälfte verbreitet.
Inzwischen gibt es wichtigere Themen, so scheint es, und dass auch in anderen Ländern
Menschen hungern und verhungern, wird selten wahrgenommen. Irgendwie hat man den Eindruck,
dass Hunger kein Problem sei, und bei uns ist er das Gott sei Dank ja auch nicht.
Gott sei Dank? Nein, Gott kann und will ich nicht dafür danken, dass ich in einem Land
des Überflusses geboren und groß geworden bin, einem Land, in dem rund die Hälfte der
Lebensmittel weggeworfen werden – nicht etwa schlecht gewordene, sondern völlig einwandfreie
Lebensmittel.
Natürlich bin ich ihm dankbar, dass ich genug zu essen habe. Aber ich erschrecke oft darüber,
wie wir mit dieser Tatsache umgehen.
Mir klingen die Worte im Ohr: „Brich dem Hungrigen dein Brot“, und ich frage mich: wie kann
ich das, wo sie doch so weit weg leben?
Aber die Entfernung ist wohl kaum eine Entschuldigung. Denn nach einigen Flugstunden kann ich
ja schon dort sein. Aber was dann? Soll ich etwa eine Tonne Brote mitnehmen? Oder Obst? Oder
Fleisch? Oder Wasser?
Natürlich geht das nicht so einfach. Und selbst wenn ich Nahrung hinbringen wollte: Auf solch
eine Reise muss man sich ja intensiv vorbereiten – und währenddessen sterben täglich tausende
von Menschen, weil sie nichts oder nicht genug zu essen haben oder weil das, was sie haben,
verdorben ist und ihre Körper zugrunde richtet.
Es gibt leichte Wege, zu helfen. Ich kann von meinem Überfluss z.B. an die Welthungerhilfe oder
die Organisation „Brot für die Welt“ spenden. Das beruhigt wenigstens das Gewissen etwas, aber
es ändert nichts an der Tatsache, dass in unserem Land viel mehr Lebensmittel zur Verfügung
stehen, als wir tatsächlich brauchen, und über die Hälfte davon wieder weggeworfen wird.
Ich höre von Menschen, die abgeschoben werden in ein Land, in dem sie keine Zukunft haben. Man
redet häufig von Wirtschaftsflüchtlingen, so, als ginge es nur ums Geld. Dabei geht es für
die meisten von ihnen um ihre Existenz.
Manche haben schon viele Jahre in Deutschland gelebt und sind hier heimisch geworden. Die
Gesetze haben es ihnen aber nicht erlaubt, richtig Fuß zu fassen. Sie bekamen keine
Arbeitserlaubnis und waren in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt – die drohende
Abschiebung setzt sie beständig unter Druck.
Ich erfahre davon, dass in vielen Entwicklungsländern viel mehr Menschen an AIDS erkrankt
sind als bei uns. Medikamente sind oftmals zu teuer, weil die großen Pharmafirmen, die
die wirkungsvollen Medikamente herstellen, nicht bereit sind, auf ihren Profit zu verzichten,
indem sie ihre Patente den Entwicklungsländern zur Verfügung stellen.
Viele Kinder sind Waisen, und von ihnen sind die meisten bereits HIV-infiziert.
Mir klingen die Worte im Ohr: „die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!“, und ich frage
mich: wenn ich das tue, kann ich dann noch sicher leben? Muss ich nicht um meinen Wohlstand
und um meine Sicherheit fürchten? Nicht nur die Türen, sondern auch die Herzen verschließen
sich dem Elend der Menschen, was ja auch das Wahlergebnis des vergangenen Sonntags gezeigt hat.
Ich lese von der steigenden Zahl der Altenheime, die langen Wartelisten dort, die vielen
allein lebenden Menschen in unserer Gesellschaft. Ich beobachte, dass man sich zunehmend
fremd geworden ist. Immer wieder einmal hören wir die Nachricht von einem Menschen, der
erst nach Wochen tot in seiner Wohnung gefunden wird – obwohl ringsum reges Leben herrscht.
Mir klingen die Worte im Ohr: „entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut.“ und es scheint,
als ob es heute kaum möglich ist, solch einer Aufforderung nachzukommen. Die Kinder sind
berufstätig, sie haben nur wenig Zeit und häufig auch nicht die Mittel, sich um die alt
gewordenen und hilfebedürftigen Eltern zu kümmern. Außerdem sind die Entfernungen oft
recht groß, da es am Ort, wo man groß geworden ist, keine passenden Arbeitsplätze gab.
Die Entfremdung rührt wohl von der wachsenden Hochachtung der Privatsphäre her. Es geht mich
schließlich nichts an, was mein Nachbar so treibt. Deswegen ist es auch möglich, dass
Kinder oftmals jahrelang misshandelt werden, bevor sie aus dem Elend herausgeholt werden.
„Entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut“ - das meinte damals zur Zeit des Jesaja nicht
nur die Verwandtschaft. Es meinte vielmehr das ganze Volk Israel, das gerade aus dem Exil
zurückgekehrt war und nun alles wieder neu aufbauen durfte.
Und das bedeutet es auch heute noch: dein „Fleisch und Blut“, das sind deine Mitmenschen,
das sind deine Nachbarn, ob sie nun verwandt sind oder nicht.
Wir feiern heute Erntedank. Wir danken Gott dafür, dass er wieder die Felder gesegnet
hat, dass es Sonne und Regen gab, die beide für das Gedeihen wichtig sind, und wir
weiterhin Nahrung im Überfluss haben.
Und obwohl man im Frühjahr um die Obsternte bangte, weil der späte Frost so viele Blüten
zerstört hatte, gibt es in den Supermärkten doch keinen Mangel an Äpfeln und Birnen und
Pflaumen usw.
Doch nicht alles, was wir in den Supermärkten kaufen können, kommt von den Feldern unseres
Landes.
Manche exotische Früchte und manche andere Lebensmittel, die wir nun schon ganz
selbstverständlich zur Verfügung haben, werden aus den Entwicklungsländern zu uns
gebracht. Wie gesagt, die Wege sind gar nicht so lang.
Indem wir diese Früchte des Feldes kaufen, die von weither kommen, fördern wir aber
nicht zwangsläufig die Wirtschaft jener Länder, sondern viel eher ein System der
sozialen Ungerechtigkeit.
Denn die Bauern, die diese Waren produzieren, verdienen meist kaum mehr, als sie
zum Leben brauchen. Und manchmal ist es sogar so, dass wir der Bevölkerung dort
durch die Verträge, die die Lebensmittelkonzerne geschlossen haben, die eigene
Nahrungsgrundlage entziehen.
Erst der Faire Handel hat uns für diese Situation die Augen geöffnet. Und er hat
dafür gesorgt, dass ein soziales Bewusstsein auch in den Entwicklungsländern entsteht.
Kinder können die Schule bis zum Abschluss besuchen, was längst nicht selbstverständlich
ist, denn meist müssen die Kinder ihren Eltern schon früh bei der Arbeit helfen und
haben darum keine Zeit für die Schule. Es gibt durch den Fairen Handel auch eine
Krankenversorgung, was auch bedeutet, dass man im Fall einer Erkrankung nicht auf
seinen Lohn verzichten muss, wie es sonst üblich ist.
Noch ist der Anteil fair gehandelter Produkte viel zu niedrig. Er liegt unter 1,5%
des gesamten Einzelhandelsumsatzes. Indem wir bewusster einkaufen und darauf achten,
unter welchen Bedingungen die Produkte entstanden sind, können wir vielen Menschen
helfen – auch wenn diese Hilfe eher langfristig als kurzfristig wirksam wird.
Erntedank ist nicht nur ein Tag des Jahres. Erntedank ist das ganze Jahr hindurch.
Denn Tag für Tag essen wir, tragen Kleidung, lesen usw. Tagtäglich sind Produkte
aus den Entwicklungsländern Teil unseres Lebens und unseres Konsums. Darum ist es
gut, wenn wir uns jeden Tag bewusst machen, dass das, was wir haben, nicht
selbstverständlich ist. Und wenn wir bewusster bei unserem Einkauf handeln,
dann merken wir, dass wir nicht alles brauchen, was sonst vielleicht automatisch
im Einkaufswagen landet.
„Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!
Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch
und Blut!“
Das sind nicht Worte des Propheten Jesaja, sondern das sind Worte Gottes. „Des Herrn
Mund hat's geredet!“, so schließt diese Anrede wenige Verse nach unserem Predigttext.
Gott erwartet von uns Zeichen der Dankbarkeit. Es ist eigentlich ganz selbstverständlich,
dass wir solche Zeichen setzen, aber Gott verknüpft mit dieser Aufforderung auch
noch eine Verheißung, die wir eigentlich kaum verdient haben:
„Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell
voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit
des HERRN wird deinen Zug beschließen. 9 Dann wirst du rufen und der HERR wird dir
antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich. Wenn du in deiner
Mitte niemand unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht übel redest, 10 sondern
den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht
in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag. 11 Und der
HERR wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken.
Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie
an Wasser fehlt.“ (Jes 58, 8-11)
Was für Aussichten! Lohnt es sich da nicht, zu tun, was uns aufgetragen ist?
Verschließen wir uns also nicht unseren Nächsten, sondern lassen wir ihnen gegenüber
unsere Dankbarkeit sichtbar werden. Denn wir dürfen gewiss sein: was wir einem von
unseren geringsten Geschwistern getan haben, das haben wir unserem Herrn getan.
Amen
oder
Liebe Gemeinde!
Erntedank - ja, ich finde es schon etwas merkwürdig, in einer Stadt Erntedank zu
feiern.
Durch den Namen wird das Fest eng verknüpft mit der Arbeit unserer Landwirte
und Gärtner: Ernte, das ist der Ertrag der Arbeit auf dem Feld.
Dass wir hier in St. Trinitatis Erntedank feiern, hat neben der Tatsache, dass
es schon immer so war, auch einen anderen guten Grund: diese Gemeinde ist mit
den Gärtnern in Wolfenbüttel in besonderer Weise verbunden. Ihr Ertrag liegt
hier vor dem Altar ausgebreitet.
Es ist Ausdruck des Dankes und der Freude darüber, dass Gott uns diese Früchte
des Feldes schenkt.
Denn letztlich ist es doch so: wir können zwar viel tun, um die Wachstumsbedingungen
optimal zu gestalten, aber das Wachstum selber:
noch niemand hat aus einem Korn eine Pflanze produziert.
Das ist eine einzigartige Sache, ein Wunder, das sich dort durch die großartige
Schöpferkraft Gottes erkennen lässt.
Darum danken wir ihm heute an diesem Tag.
Es gibt natürlich auch viele Menschen in unserer Gemeinde, und von denen sind heute
ja auch eine Menge hier, die weder gärtnern noch Landwirtschaft betreiben.
Oder, wenn sie einen Garten haben, dann wachsen darin schöne Blumen, aber oft weder
Obst noch Gemüse.
Erntedank: wir müssen uns ja nicht festlegen auf den ersten Teil des Wortes, vor
allem nicht so, dass wir ihn nur auf die Arbeit des Landwirts oder des Gärtners
beziehen.
Wenn man das Wort weiter fasst, dann kann man ja letztlich auch sagen, dass alles
mit einem Ausgangsstoff beginnt, der irgendwo geerntet werden muss und der dann
später zu dem verarbeitet wurde, was wir gebrauchen oder als Nahrung zu uns
nehmen.
Die meisten Möbelstücke zum Beispiel haben ihren Ursprung im Wald, auch wenn man
es ihnen oft nicht mehr ansieht.
Aber auch Kunststoffe, deren Name ja darauf hindeutet, dass sie künstlich erzeugt
werden, haben als Basis ein Element, das wir nur ernten, für dessen Entstehung wir
aber überhaupt nichts tun: das Erdöl.
Metalle werden mit viel Mühe in Bergwerken abgebaut, ebenso Kohle und Edelsteine.
Wir haben keinen Finger gerührt für ihre Herstellung. Wir ernten nur.
Die Fahrräder, Autos, Bahn und Bus, mit denen wir uns fortbewegen, sie alle haben
ihren Ursprung in der Schöpfung Gottes, ihre Einzelteile und deren Ausgangsstoffe
sind Produkte der Natur, aus der wir letztlich nur die Früchte ernten.
Wir können ja nur das verarbeiten, was uns zur Verfügung gestellt wird.
Sicher, es steckt oft noch eine Menge Arbeit drin, bis der Rohstoff in entsprechender
Form zu uns gelangt, aber für die Entstehung des Rohstoffes können und konnten wir
nichts tun.
Wir haben reichlich.
Trotz Wirtschaftsflaute, trotz real sinkender Gehälter und Renten, trotz hoher
Arbeitslosigkeit, geht es uns gut, ja, sogar sehr gut.
Wir haben zu essen und zu trinken, wir leben in sauberen Verhältnissen, die
ärztliche Versorgung ist hervorragend.
Wir leben sicher, was nicht heißt, dass nichts passieren könne, aber es ist
doch so, dass wir keine Angst vor dem nächsten Tag haben müssen, und dass wir
ohne Angst auf die Straße gehen können.
Das alles ist nicht selbstverständlich, und doch ist es für uns längst
selbstverständlich geworden.
Als Jesaja die Worte unseres Predigttextes niederschrieb, da waren die Menschen
gerade aus dem Exil nach Israel zurückgekehrt waren und hatten die Erlaubnis
bekommen, wieder aufzubauen, was viele Jahre zuvor zerstört worden war.
Es war eine Zeit des Neuanfangs, des Wiederaufbaus.
Die Frage, die wohl viele bewegte, lautete:
wird es so bleiben?
Oder werden irgendwann wieder stärkere Mächte über uns kommen?
Werden wir jemals wieder ein so großes und bedeutendes Volk werden, wie wir
es zu Davids Zeiten waren?
Wie können wir uns davor schützen, dass uns so etwas noch einmal passiert?
Jesaja versucht, das Vergangene zu bewerten und eine Lehre daraus zu ziehen.
Er erinnert sich, dass damals genau dies geschehen war: man hatte den Wohlstand
und die Sicherheit so selbstverständlich genommen, dass etwas anderes unmöglich
schien.
Man sprach vom Segen des Herrn, aber dachte dabei nicht an ihn.
Das wurde sichtbar darin, dass alle, die etwas besaßen, nur danach trachteten,
ihren Besitz zu vergrößern.
Dabei blieben die Armen und Bedürftigen außen vor, ja, sie wurden ärmer
und ärmer.
Wer verschuldet war, hatte keine Chance mehr, wieder auf die eigenen Füße
zu kommen.
Witwen wurden nicht mehr versorgt, wie es eigentlich im Wort Gottes
vorgeschrieben ist.
Man schickte sie auf die Straße, damit sie um ihren Lebensunterhalt
bettelten.
Herrscher nahmen sich, was sie wollten, ohne Rücksicht zu nehmen auf die
Nöte und Bedürfnisse der Menschen.
Jesaja wusste, dass dies die Ursache des Zerfalls seines Landes und seines
Volkes gewesen war.
Der Neuanfang barg in sich eine Chance: nun konnte man sich wieder besinnen
auf das, was Gott von seinem Volk erwartete:
dass es keine Überschuldung mehr gibt, dass denen, die Hunger leiden, Nahrung
gegeben wird, dass alle zu ihrem Recht kommen, wobei dies nicht nur das Recht
in einem Einzelfall, der notfalls vor dem Gericht geklärt wird, meint, sondern
vor allem das, was wir heute als Menschenrecht kennen:
das Recht auf Bildung, auf Würde, auf Frieden, auf Freiheit, auf ärztliche
Versorgung, auf Nahrung, auf Sicherheit, auf Schutz, usw.
Wenn das Volk Gottes so lebt, dann wird etwas Wunderbares geschehen: es wird
hell werden.
Das Dunkel der Enttäuschung, das Dunkel der Unterdrückung, das Dunkel der
Unzufriedenheit und das Dunkel der Habgier wird hell erleuchtet, denn Gott,
der Herr, wird sich selbst seines Volkes annehmen.
Ein bewässerter Garten und eine Wasserquelle, die allen Menschen zugänglich
ist, wird das Volk Gottes sein, ein Zeichen des Lebens, ein Zeichen des
Friedens und der Freiheit in einer Welt, die von Geld und Machtgier beherrscht
wird,
ja in einer Welt, in der Menschen Freiheit nur dort erleben können, wo sie die
Freiheit anderer einschränken.
Gewiss, es geht uns vielleicht etwas schlechter als im vergangenen Jahr, aber
das bedeutet nicht, dass es uns schlecht geht.
Wir haben wahrlich Grund zum Danken. So viel Gutes ist uns widerfahren, so vieles
davon ist uns längst selbstverständlich geworden.
Heute ist der Tag, diese so selbstverständlich gewordenen Dinge herauszuheben
aus dem Alltäglichen, sie wieder als etwas Besonderes, etwas Großartiges wahr
zu nehmen, denn:
alles ist eine Gabe Gottes, eine gute Gabe.
Lasst uns unseren Dank zum Ausdruck bringen, indem wir den Kehrvers des Liedes
„Wir pflügen und wir streuen” gemeinsam singen:
„Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum dankt ihm, dankt, drum dankt
ihm, dankt, und hofft auf ihn.
Amen”
Liedvorschläge zur Predigt:
So jemand spricht: Ich liebe Gott (EG 412)
Ein wahrer Glaube Gotts Zorn stillt (EG 413)
Brich dem Hungrigen dein Brot (EG 418)
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Predigtvorschläge zu Reihe VI - 1. Tim 4, 4-5
Liebe Gemeinde!
„Was hat Gott geschaffen?“ - Das ist die erste Frage, die mir bei dem Predigttext
durch den Kopf geht.
Ich denke, die meisten werden auf diese Frage schnell eine Antwort haben: Obst,
Gemüse, Getreide (und damit natürlich auch alles, was daraus gemacht wird),
vielleicht noch Milch und Milchprodukte, Fleisch usw. Wir werden also an erster
Stelle an Nahrungsmittel denken.
Vielleicht kann man sich auf den Nenner einigen: alles, was ohne menschliche
Einwirkung entstanden ist, ist von Gott geschaffen. Aber dann müsste man ja
schon wenigstens das Brot rausnehmen. Und unsere Gemüsegärtner und Landwirte
würden vermutlich auch sagen, dass es sie ganz schön viel Schweiß gekostet hat,
bevor das Gemüse und Getreide geerntet werden konnte.
Also müsste man da wenigstens etwas kulanter sein und sagen: alles, was ohne
menschliche Einwirkung entstehen kann, ist von Gott geschaffen. Ohne menschliche
Einwirkung sehen die Kohlköpfe, die Kürbisse oder der Sellerie wahrscheinlich
längst nicht so schön aus, denn sie brauchen eine pflegende Hand, um sich gut zu
entwickeln. Aber um überhaupt wachsen zu können, braucht es diese pflegende Hand
nicht.
Wir merken schon, dass das aber immer noch nicht alles einschließt, was wir Gott
zu verdanken haben, denn wir müssten natürlich auch an die Dinge denken, die keine
Nahrungsmittel sind. Was ist zum Beispiel mit dem Handy oder Smartphone, was ist
mit dem Computer, der Glühlampe, dem Auto, dem Haus, der Kleidung?
Alles können wir letztlich auf Materialien zurückführen, die ganz ohne die
Einwirkung des Menschen entstanden sind – manche in jahrhunderte-, jahrtausende-
oder sogar jahrmillionenlangen Prozessen, wenn wir etwa an das Erdöl denken, aus
dem die meisten Kunststoffe hergestellt werden und das wir, zumindest im Verhältnis
gesehen, in kürzester Zeit verbrennen.
Meist haben bei den Produkten, die aus solchen Rohstoffen gewonnen werden, die
Einwirkungen des Menschen einen sehr großen Anteil. Aber manche dieser Rohstoffe,
die ja doch alle als von Gott geschaffen angesehen werden können, sind
ausgesprochen selten und wachsen auch nicht einfach so nach. Die Erdölvorkommen
nehmen ab, und wir wissen, dass wir dafür einen Ersatz finden müssen.
Die sogenannten „Seltenen Erden“, von denen viel in Smartphones und anderen
elektronischen Artikeln verbaut werden, weisen schon mit ihrem Namen darauf hin,
dass sie nicht wie Äpfel an Bäumen wachsen, sondern nur mit Mühe in wenigen
Gebieten unserer Erde abgebaut werden können.
Inzwischen haben Forscher es teilweise schon fertig gebracht, manche Rohstoffe
künstlich herzustellen, d.h. sie haben ähnliche Stoffe entwickelt, die zumindest
einen Teil der Eigenschaften des Originals haben. Aber auch dafür werden Rohstoffe
benötigt, die wiederum in der Natur, in der Schöpfung Gottes, vorkommen.
Also können wir erst einmal zu dem Schluss kommen, dass, nach den Worten des
Apostels Paulus, alles gut ist – wirklich alles. Denn Paulus hat ja gesagt:
Alles ist gut, was Gott geschaffen hat. Und damit sind alle Dinge gemeint,
denn sie alle sind auf das zurückzuführen, was uns aus der Natur, also der
Schöpfung Gottes, zur Verfügung steht.
Darum gibt es auch keinen Grund, irgend etwas schlecht zu machen oder gar zu
verteufeln – weder den Computer noch das Smartphone noch den MP3-Player oder
was einem sonst so in den Sinn kommt.
Vor etwa 150 Jahren hat man in der Eisenbahn noch eine Inkarnation des Teufels
gesehen, weil das Monster zum einen giftige Dämpfe ausspuckte, zum andern dann
auch noch die Menschen mit einer Geschwindigkeit fortbewegte, die unnatürlich
und darum unbedingt schädlich sein musste. Immerhin erreichten die ersten
Lokomotiven eine Geschwindigkeit von etwas über 20 Stundenkilometer!
Heute sehen wir das anders: die Eisenbahn gehört zum alltäglichen Leben dazu, und
250 Stundenkilometer sind mit dem ICE ohne Weiteres zu erreichen und auch
selbstverständlich.
Dennoch fällt es uns schwer, so ein hochentwickeltes technisches Gerät wie
ein Smartphone oder ein Auto oder einen Hochgeschwindigkeitszug noch als eine
Schöpfung Gottes anzusehen.
Und es wird noch schwerer, wenn wir die Worte des Paulus weiterlesen: nichts
ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; denn es wird geheiligt
durch das Wort Gottes und Gebet.
Da ist sogar von Heiligung die Rede. Nun, es kann wohl sein, dass manche Menschen
ihr Smartphone oder anderes technisches Gerät vergöttern, aber das macht es noch
nicht heilig. So etwas ist eher Abgötterei.
Wenn es um Lebensmittel geht, sieht das schon wieder etwas anders aus: es ist so
selbstverständlich, dass wir uns aus dem Supermarkt mit allem, was das Herz
begehrt, bedienen können, dass wir kaum mehr daran denken, dass es etwas
Besonderes ist, täglich einen gedeckten Tisch haben zu können.
Wer sich an die Zeit während des Krieges und auch kurz nach dem Krieg noch
erinnert, oder wer in der ehemaligen DDR gelebt hat, dem wird es wohl hin und
wieder noch bewusst, dass wir in einer Fülle leben, die nicht so selbstverständlich
ist. Der überwiegende Teil der Bevölkerung allerdings nimmt diese Vielfalt als
etwas völlig Normales wahr und würde sich sicher wundern und dann wohl auch ärgern,
wenn es mal eine Woche lang keine Milch oder Kartoffeln zu kaufen gäbe, oder wenn
ein Kilo Kartoffeln plötzlich 80 Euro kosten würde- Das entspricht – relativ
gesehen – dem Preis, den man in manchen Entwicklungsländern dafür bezahlen muss.
Menschen, die aus solchen Entwicklungsländern zu uns kommen, sind beeindruckt,
wenn sie diese Fülle in unseren Supermärkten sehen. Und sie sind entsetzt, wenn
sie bemerken, dass ein guter Teil dieser Fülle auf dem Müll landet, weil das
sogenannte Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist. Was gäben sie darum,
wenn sie diesen Müll mit nach Hause nehmen könnten!
Paulus spricht von Heiligung. Man könnte das vielleicht auch als eine Wertsteigerung
ansehen. Denn was heilig ist, wird natürlich ganz anders behandelt als das, was
wir als normal und alltäglich empfinden. Das Heilige hat einen höheren Wert, es
verdient unsere Achtung.
Wir können das an den Menschen erkennen, die in der Woche den Kaiserdom
aufsuchen. Denn auch wenn viele dieser Menschen nur das kunsthistorische
Baudenkmal bewundern wollen, so sind die meisten von ihnen doch so beeindruckt,
dass sie sich fast instinktiv zurückhaltend und respektvoll, ja, vielleicht
sogar ehrfürchtig verhalten, denn sie spüren etwas von dem, was die Erbauer
vermitteln wollten: dass dies eine Stätte der Begegnung mit Gott ist, dem
Allmächtigen.
Der Kirchraum vermittelt ihnen etwas von der Heiligkeit Gottes.
Und solche Heiligkeit sollte eigentlich auch allen Dingen innewohnen, die
wir von Gott empfangen, die er geschaffen hat, meint Paulus. Es geht letztlich
darum, dass wir das Werk Gottes achten und respektieren.
Das fängt an bei den Kartoffeln und hört beim Smartphone nicht auf: in allen
steckt etwas von der schöpfenden Kraft Gottes, und darum allein schon sind sie
geheiligt – die Hand des Schöpfers heiligt sie.
Natürlich sollen wir deswegen nicht anfangen, diese Dinge anzubeten. Es sind
von Gott geschaffene Dinge, die uns gegeben sind, um unser Leben zu ermöglichen
oder zu erleichtern. Es sind in diesem Sinne gute Gaben Gottes.
Und darum sollen wir sie auch nicht so selbstverständlich hinnehmen, als stünden
sie uns zu. Weder die Kartoffel noch die Milch noch das Smartphone noch all die
anderen Dinge, die wir immer wieder gebrauchen. Darum ist es gut, wenn wir sie
mit Dank empfangen und nicht einfach nur so konsumieren.
Dort, wo nicht gedankt wird, werden diese Dinge alltäglich, und wir beginnen,
achtlos mit ihnen umzugehen. Wir werfen weg, was kaputt ist, und nicht nur das;
wir werfen auch weg, was überholt ist, weil es schon etwas Neueres, Besseres gibt.
Und dazu hilft die Industrie ja auch ein gutes Stück mit:
Da werden in immer kürzeren Abständen neue, leistungsfähigere Geräte auf den Markt
gebracht, die die früheren Modelle richtig alt aussehen lassen.
Weiter werden neue, angeblich bessere Standards entworfen, die nur noch mit neuen
Geräten genutzt werden können.
Und schließlich gibt es noch die sogenannte geplante Obsoleszenz, von der in der
jüngeren Vergangenheit recht häufig die Rede war. Sie zwingt uns gewissermaßen
dazu, immer wieder neuere Modelle zu kaufen.
Denn die geplante Obsoleszenz ist der Versuch der Hersteller, Geräte relativ kurz
nach Ablauf der Garantiezeit unbrauchbar zu machen, indem einzelne Bauteile dann
ihren Dienst versagen. Da eine Reparatur in der Regel fast so viel kosten würde
wie ein neues, besseres Gerät, weil angeblich nicht die einzelnen Bauteile
ausgetauscht werden können, sondern immer ein großer Teil des Gerätes erneuert
werden muss, kauft man natürlich das neuere Modell, anstatt das alte reparieren
zu lassen. Auf diese Weise wird die Marktwirtschaft in Schwung gehalten, während
die Müllberge ins Unermessliche wachsen.
Auch bei Lebensmitteln gibt es ähnliche Entwicklungen. Das Mindesthaltbarkeitsdatum
ist so etwas wie eine geplante Obsoleszenz. Die Angst vor verdorbenen Lebensmitteln
führt dazu, dass durchaus noch essbare Nahrungsmittel im Mülleimer verschwinden.
Immer wieder neue Modelle herausbringen, um einen Kaufanreiz zu schaffen, muss man
bei Nahrungsmitteln zwar nicht, denn man braucht sie ja sowieso, aber es gibt doch
immer wieder Neu-Schöpfungen, für die durch gezielte Werbung ein Bedarf geweckt
wird, der dann evtl. durch bestimmte Zusatzstoffe künstlich erhalten bleibt.
Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit
Danksagung empfangen wird.
Denken wir also daran, Gott zu danken, um das, was wir gebrauchen und verbrauchen,
mehr wertzuschätzen. Das wird uns helfen, nicht blindlings jeder Marketingstrategie
zu folgen. Denn wenn wir Gott danken, sehen wir mehr als nur den Gebrauchs- oder
Verbrauchsgegenstand. Wir sehen in allem Gottes schöpfende und ordnende Hand, und
das lässt uns dann auch sorgsam mit allem umgehen, das wir uns aneignen.
Warum also nicht dort, wo es in Vergessenheit geraten ist, das Tischgebet wieder
einführen? Es ist eine gute Gewohnheit, die dazu hilft, das, was auf dem Tisch
steht, nicht so selbstverständlich hinzunehmen. Und es hilft auch, an die zu denken,
die nicht in solchem Überfluss leben wie wir.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Ach bleib bei uns, Herr Jesu Christ (EG 246)
Sollt ich meinem Gott nicht singen (EG 325)
Gott ist's, der das Vermögen schafft (EG 494, 2-6)
Nun preiset alle Gottes Barmherzigkeit (EG 502 - Wochenlied!)
Die Erde ist des Herrn (KHW/HN-EG 634; NB-EG 623;
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Predigtvorschläge zu Reihe M - 5. Mose 26, 1-11 (= Dtn 26, 1-11)
Mt 6, 19-23
Lk 12, 22-31
1. Tim 6, 6-11
Hebr 13, 15-16
Zu Mt 6, 19-23:
Liebe Gemeinde,
Wenn wir an die Bergpredigt denken, dann denken wir wohl als erstes an die
Seligpreisungen:
Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
Worte der Verheißung, die uns ansprechen, weil sich in ihnen unsere eigenen Hoffnungen
widerspiegeln.
Vielleicht erinnern wir uns auch daran, dass das Vater unser aus der Bergpredigt
stammt, und dann fällt uns noch ein, dass das Wort vom Salz der Erde und Licht
der Welt ebenfalls von dort her kommt.
Die Bergpredigt ist auch Lieferant mancher Sprichwörter, etwa „Was du nicht willst,
das man dir tu, das füg' auch keinem andern zu“.
Unser heutiger Predigttext ist weniger populär. Er stammt auch aus der Bergpredigt
und scheint uns zumindest im zweiten Teil etwas fremd:
„Das Auge ist das Licht des Leibes“.
Was will Jesus damit sagen? Und warum folgt dieser Satz auf den einleitenden
Abschnitt, der vom Schätzesammeln handelt und in dem eigentlich schon ausreichend
deutlich gemacht wird, dass die Schätze auf Erden vergänglich sind und uns im Grunde
überhaupt nichts bringen, wohingegen Schätze im Himmel von nachhaltigem Wert für
unsere Seelen sind?
Als Sie heute morgen in die Kirche kamen, ist Ihr Blick sicher auf die so schön
arrangierten Erntegaben gefallen. Ich vermute, dass Sie sich über die Schönheit
des frischen Grüns gefreut haben und auch über die Fülle, die sich da ausbreitet.
Trotz eines für Gärtner und Landwirte schwierigen Jahres – ein langer Winter und
dann lange Dürrezeiten nach dem Hochwasser – können wir doch dankbar sein, dass wir
nicht Hunger leiden müssen. Es ist genug da! Ja, es ist mehr da, als wir brauchen.
All das und sicher noch andere Gedanken und Gefühle hat der Anblick der Erntegaben
ausgelöst.
„Das Auge ist das Licht des Leibes“. Merken Sie, wie diese Worte langsam Sinn
bekommen? Indem wir etwas anschauen, wird sofort eine Reaktion ausgelöst. Der
Weg geht über das Auge.
Wenn wir uns andererseits ein Bild, das wir sicher schon im Fernsehen oder in einer
Illustrierten gesehen haben, vorstellen, auf dem hungernde und verhungernde Kinder
gezeigt werden, dann regt sich in uns vermutlich Entsetzen und Mitleid. Wir denken
nicht: „Gott sei Dank haben wir es besser als die dort in Afrika“, sondern wir
fragen uns, was wir tun können – oder ob wir überhaupt etwas tun können, um dem
Elend dieser Menschen abzuhelfen.
Jesus versucht, uns zu verdeutlichen, dass unsere Wahrnehmung durch das Auge nicht
neutral ist. Es steckt immer etwas hinter dem Anschauen. Unser Blick kann voll
Verlangen sein – nach dem, was uns nicht gehört. Oder wir schauen „tiefer“, versuchen,
die Hintergründe zu verstehen und darauf angemessen zu reagieren.
Ich denke da zum Beispiel an den Fairen Handel, durch den wir einen Blick dafür
bekommen, wie es den Menschen auf der Welt geht, die die Güter, die sich in den
Regalen der Supermärkte stapeln, produzieren.
„Das Auge ist das Licht des Leibes“ - wenn wir sehen, dann wird es auch in unserem
Inneren hell. Es geht hier um Erleuchtung, und weil diese Verse im unmittelbaren
Zusammenhang zu dem vorherigen Abschnitt über die irdischen und die himmlischen
Schätze steht, geht es letztlich darum, dass wir erkennen, wie wichtig es für uns
ist, himmlische und keine irdischen Schätze zu sammeln.
„Ja, aber wir müssen doch vorsorgen!“, werden viele sicher einwenden wollen, und
es ist ja auch so, dass ohne Vorsorge ein Leben in unserer Gesellschaft gar nicht
möglich wäre. Es ist also schon nötig, auch irdische Schätze zu sammeln.
Das wird auch Jesus sicher zugestehen, zumal die Gesellschaft in seiner Zeit noch
ganz anders strukturiert war und darum Vorsorge in diesem Sinn gar nicht nötig war.
Auch bei uns war es ja so: Erst Ende des 19. Jahrhunderts begann das
Sozialversicherungssystem, bis dahin war man darauf angewiesen, dass man durch
Verwandte versorgt wurde, wenn man selbst nicht mehr dazu in der Lage war und
eigene Ersparnisse aufgebraucht waren.
Das vierte Gebot: Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren – hat den Sinn,
genau dies zu gewährleisten.
Es geht darum, wie wir uns zu diesen Sachzwängen stellen, die uns nötigen, auch
irdische Schätze zu sammeln.
Eigentlich müssten wir „haben, als hätten wir nicht“, wie Paulus es formuliert.
Das heißt: immer bereit sein, das aufzugeben, was unsere Zukunft sichert. Denn
in der Tat ist es ja so: wir wissen nicht, was morgen sein wird. Vielleicht sind
wir dann schon tot, und all die Mühe, die wir darauf verwendet haben, unsere
Zukunft zu sichern, ist vergeblich gewesen. Auch wenn wir sehr alt werden, weil
unsere Vorsorge gut gewesen ist, heißt das noch lange nicht, dass die Qualität
unseres Lebens dadurch steigt.
Auf unseren Predigttext folgt ein Abschnitt der Bergpredigt, der uns wieder besser
vertraut sein dürfte: es geht um das Sorgen um den nächsten Tag und endet mit der
wohlbekannten Aufforderung: „Sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für
das Seine sorgen.“
Gemeint ist: Gott wird für uns sorgen.
Darum ist der abschließende Vers, der eigentlich noch zum Predigttext gehören müsste,
der uns aber durch die Perikopenordnung gewissermaßen unterschlagen wird, von
besonderer Wichtigkeit. Dort heißt es: „Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder
er wird den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird an dem einen hängen
und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ (Mt 6, 24)
Es geht einfach nicht. Man kann nicht Gott und dem Mammon dienen.
Wer Geld hat, der möge das Geld mit vollen Händen ausgeben, so wie der Zöllner
Zachäus es tat: 'was ich anderen fälschlicherweise genommen habe, will ich
vierfältig zurückgeben, und die Hälfte von dem, was ich habe, will ich den Armen
geben.'
Was habe ich anderen fälschlicherweise genommen? Da denke ich wieder an die globale
Marktwirtschaft, die uns einen unglaublichen Wohlstand ermöglicht, indem Menschen
in vielen Ländern dieser Welt für einen Hungerlohn arbeiten und häufig auch unter
dem Existenzminimum leben. Indem wir ihnen Güter, die für uns selbstverständlich
geworden sind, vorenthalten, erhalten wir unseren Lebensstandard.
Wir müssten es vierfältig zurückgeben, und ich denke, dass die höheren Preise der
Waren aus dem Fairen Handel noch längst nicht hoch genug sind. Aber sie weiter erhöhen,
das kann erst dann geschehen, wenn allen Menschen das Auge zum Licht des Leibes wird,
wenn sie alle erkennen, dass fortwährend ungeheures Unrecht geschieht.
Ich denke aber auch an die vielen Menschen hier in unserem Land, die zwar eine volle
Arbeitsstelle haben, aber dennoch nicht genug verdienen, um ein gelingendes Leben zu
führen. Und ich denke an die nicht wenigen Menschen in unserer Gesellschaft, die Jahr
für Jahr Millionengehälter beziehen.
Dazu fällt mir eine Beobachtung ein, die ich kürzlich gemacht habe: Als Mitglied des
Verbandsvorstandes der Pfarrerinnen und Pfarrer in Deutschland bin ich mit dafür
verantwortlich, dass der alle zwei Jahre stattfindende Deutsche Pfarrerinnen- und
Pfarrertag ausgerichtet wird. Dazu wird ein prominenter Redner eingeladen. In der
Liste möglicher Referenten für den kommenden Tag im Jahr 2014 stand an erster Stelle
ein prominenter Politiker, der für die sozialen Werte in unserer Gesellschaft steht.
Seine Honorarforderung für ein zweistündiges Referat betrug 50.000 Euro. Für dieses
Geld könnte man ein Jahr lang zwei Raumpflegerinnen vollzeitlich anstellen.
Da fragt man sich schon, wodurch solche Forderungen gerechtfertigt sind, zumal das
Thema, zu dem der Vortraggehalten werden soll, keine aufwendigen Recherchen erforderte.
„Sammelt euch Schätze im Himmel!“ - diese Aufforderung beschränkt sich nicht darauf,
dass wir Almosen geben sollen – mal hier und mal dort eine kleine Spende, eine Münze
im Klingelbeutel oder in der Kollektendose – sondern sie ermutigt uns dazu, das Recht
aller Menschen in der Welt zu erkennen und alles dafür zu tun, dass sie auch zu ihrem
Recht kommen.
„Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“, sagt Jesus wenige
Verse weiter, und genau das ist es, worum es geht. Durch Jesus Christus beginnt die
Zeit, in der die Reichen leer ausgehen und die Hungrigen mit Gütern gefüllt werden,
wie Maria es im Magnifikat sagt.
Wenn wir das nicht erkennen, dann sind unsere Augen böse oder, wie man es auch übersetzen
könnte, dann sind unsere Augen krank, sie können unser Inneres nicht erhellen, dann
tappen wir im Dunkeln und bewegen uns damit weit ab vom Reich Gottes.
Also öffnen wir unsere Augen und trachten nach dem Reich Gottes und nach seiner
Gerechtigkeit, damit wir alle Sorge für unsere eigene Zukunft ablegen können.
Denn wir sind Diener Gottes und nicht des Mammons und dürfen darauf vertrauen:
Gott sorgt für uns.
Amen
Zu Hebr 13, 15-16:
Liebe Gemeinde!
Ein vielleicht achtjähriges Mädchen zupft an meinem Hemdsärmel und streckt
mir die andere Hand entgegen. Mit flehendem Blick fordert sie ein Almosen.
Sie ist nur notdürftig gekleidet, das, was sie trägt, ist schmutzig und
zerschlissen. Schnodder läuft aus ihrer Nase und klebt verkrustet an ihrer
Oberlippe. Die Haare sind verfilzt, die Hände dreckig. Barfuß geht sie durch
die Straßen und bettelt, tagein, tagaus.
Ein herzerweichender Anblick, den ich mit einer Handbewegung wegzuwischen
versuche, denn eins ist klar: sie wird von mir nichts bekommen.
Zu deutlich sind mir die Meldungen im Gedächtnis, die belegen, dass dieses
Land genug Mittel hat, um sich selbst um seine Armen zu kümmern. Da lese ich
vom Bau von Mittel- und Langstreckenraketen, von erfolgreichen Atomwaffentests
und großartigen teuren Feierlichkeiten, bei denen sich die Politiker gegenseitig
auf die Schultern klopfen.
Dazu treten die Berichte von den Bettlerdynastien, die in großen Häusern leben
und durch ihr Betteln einen Lebensstandard erreicht haben, der häufig weit über
dem ehrlicher Arbeiter liegt.
Gerade erst vor einigen Tagen berichtete eine Bekannte aus Mumbay, das viele
vielleicht als Bombay kennen, dass man dort an den Straßenkreuzungen häufig
Mädchen zwischen 10 und 18 Jahren antrifft, die mit einem etwa 2 Jahre alten
Kind während der Rotphasen bettelnd von Auto zu Auto gehen.
Eines dieser Mädchen antwortete auf ihre Frage, ob es für Kost und Logis sowie
ein Gehalt von 1000 Rs, was für dortige Verhältnisse durchaus mehr als ein gutes
Taschengeld darstellt, und die Möglichkeit, zur Schule zu gehen, bei ihr arbeiten
wolle: „Madam, was denken Sie sich? Ich soll für 1000 Rupies arbeiten? Hier
verdiene ich 5000 Rs im Monat, und ich muss nichts tun.“
In Indien wird der Gegensatz von Arm und Reich besonders deutlich, denn Beides ist
im öffentlichen Leben präsent. Selbstverständlich geben die meisten Menschen auch
Almosen, vor allem die Frommen, von denen es in Indien ja viele gibt, denn es gehört
zu ihrer Religion dazu, Almosen zu geben. Da spielt es keine Rolle, ob man Hindu,
Christ, Muslim oder Buddhist ist. Ihnen allen ist die Sorge um die Armen in gleicher
Weise ans Herz gelegt.
Ich habe mich immer wieder gefragt: warum tut der Staat nichts, oder nur so wenig,
um dieser Armut ein Ende zu machen? Warum werden die Steuereinnahmen für alles Mögliche
verwendet, nur nicht in ausreichendem Maße zur Ausrottung der Armut?
Ich habe darauf keine plausible Antwort gefunden.
Wenn ich heute unseren Kollektenzweck sehe – die Aktion Arbeitslosenabgabe in der
Landeskirche – dann stelle ich mir diese Frage erneut: warum sind die Politiker
nicht bereit, mehr zu investieren in die Beseitigung der Armut? Müssen wir da
wirklich noch zusätzliche Initiativen gründen und Sammlungen veranstalten, damit
es den Menschen in der Welt und sogar in unserem ja doch sehr wohlhabenden Land
besser geht? Wenn man es genau betrachtet, scheint das, was wir geben, in einem
bodenlosen Fass zu versinken, und man wird kleinmütig, wenn einem das bewusst wird.
Was kann man denn schon ausrichten?
Hinter all diesen Gedanken, die ich bis jetzt geäußert habe, steckt ein Prinzip,
das noch gar nicht so alt ist. Es handelt sich um die Nutzen/Kostenrechnung.
Ist der Aufwand durch den Nutzen gerechtfertigt? D.h. im Grunde: spuckt das, was
unterm Strich am Ende herauskommt, mehr aus, als ich vorher in das ganze Unternehmen
investiert habe?
Es ist eine Art des Denkens, die durch die freie Marktwirtschaft eingeführt wurde
und gefördert wird, denn in ihr hängt ja alles von dieser Frage ab. Nur was wirklich
nötig ist, wird auch getan. Nur wenn ich möglichst risikofrei abschätzen kann, dass
die Investition sich auch lohnt, werde ich investieren.
Das ist eine Art des Denkens, die der Bibel völlig fremd ist.
„So lasst uns nun durch Christus Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die
Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen. Gutes zu tun und mit anderen zu teilen
vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.“
Warum nur soll ich Gott loben? Es geht mir doch gut. Muss ich ihn gnädig stimmen,
damit es mir auch weiterhin gut geht? Wohl kaum. Christus hat die Gnade Gottes für
uns alle erwirkt, da müssen wir nichts mehr tun, vor allem keine Opfer darbringen.
Bin ich ihm irgend etwas schuldig? Das wohl, aber ob ich ihm dafür in irgendeiner Form
danke oder nicht, dürfte doch aufgrund dieser Gnade nicht ins Gewicht fallen.
Es gibt auch keinen Grund, vor Gott Angst zu haben und dementsprechend etwas zu tun,
um ihn gnädig zu stimmen. Denn er liebt uns ja, das hat er doch deutlich gezeigt,
und vergibt uns – darauf dürfen wir vertrauen.
Dennoch werden wir in unserem Predigttext aufgefordert, Gott Opfer zu bringen. Denn
solche Opfer gefallen Gott, heißt es. Sollen wir ihn also doch gnädig stimmen? Ist
das nicht die Aufgabe eines Opfers, den, dem es dargebracht wird, gnädig zu stimmen?
Sollen unsere Opfer einen Sinn bekommen, müssen wir aufhören, nach dem Nutzen zu
fragen. Oder noch besser: gar nicht erst damit anfangen. Denn es geht bei diesen
Gott gefälligen Opfern nicht darum, irgend etwas zu erreichen.
Gott will keine Opfer. Er will Barmherzigkeit, Güte, Liebe.
Dazu ruft uns unser Predigttext auch auf. Letztlich sind das nämlich keine Opfer,
also nicht der Verzicht auf etwas, das uns wichtig ist, sondern sie sind die Folge
des Handeln Gottes an uns.
Gott schenkt uns Leben, ein Leben, das sich nicht durch Macht oder Wohlstand
definiert, sondern durch Gott selbst, indem er sich uns in Liebe zuwendet. Gott
hat, um marktwirtschaftliche Begriffe noch einmal zu gebrauchen, in uns investiert,
ohne auch nur den geringsten Nutzen davon zu haben. Hätte er marktwirtschaftlich
gedacht, dann gäbe es die Menschheit nicht mehr.
Nun gibt es uns aber noch, eben weil Gott es so wollte. Weil er uns liebt. Weil er
uns gnädig ist.
Leider ist es so, dass wir das häufig erst dann wirklich erkennen, wenn wir in großer
Not sind, wenn es uns schlecht geht und wir nur knapp dem Untergang entrinnen. Dann
merken wir, dass wir Geschöpfe sind, die nicht alles in ihrer Hand haben, die ihr
Geschick nicht vom ersten bis zum letzten bestimmen können.
Dann wenden wir uns Gott zu, fordern und bitten, zweifeln und fragen das
unausweichliche „Warum“, und danken, wenn die Not ein Ende hat.
Unser Predigttext erinnert uns daran, dass wir immer Geschöpfe sind, auch dann,
wenn alles gut geht, wenn scheinbar nichts uns schaden kann. Wir sind vielleicht
nicht abhängig von Gott – aber unsere Bestimmung ist es auch nicht, Gott zu
ersetzen, sondern vielmehr Gutes zu tun und mit anderen zu teilen – damit die
ganze Menschheit in Frieden miteinander leben kann.
Gott schuf uns, nicht, damit wir uns gegenseitig übertrumpfen, einander Schaden
zufügen oder gar vernichten, sondern damit wir einander beistehen und füreinander
da sind. Das ist unsere Bestimmung!
Darum sind die Opfer, von denen unser Predigttext redet, auch nicht wirklich an
Gott gerichtet. Vielmehr besteht das Lobopfer darin, dass wir Gott bekennen, d.h.
von ihm unseren Mitmenschen erzählen, weitersagen, was Gott an uns getan hat.
Wie oft – oder wie selten - geschieht das heute noch? Meist meinen wir, es sei Sache
jedes Einzelnen, was er oder sie glaubt oder glauben will. Aber das zu ändern, ist
ja mit der Aufforderung zum Bekenntnis nicht gemeint. Wir müssen unser Gegenüber nicht
ändern wollen. Aber deswegen zwingt uns niemand, aufzuhören, davon zu reden, dass Gott
für unser, für mein Leben wichtig ist. Dass er einen Maßstab setzt, der unser ganzes
Leben durchdringt und bestimmt: einen guten Maßstab, der es wert ist, beachtet zu werden.
Sicher muss das dann auch sichtbar werden, das wird von denen, die so etwas hören,
eingefordert. Vielleicht schweigen wir auch deshalb lieber, anstatt von Gott zu
reden, weil wir wissen, dass das Konsequenzen hat.
Dabei ist es ja gar nicht so schwer, den Maßstab Gottes, der unser Leben durchdringt,
umzusetzen.
Gutes tun an unseren Mitmenschen und mit anderen zu teilen, das ist es ja schon. Und
wie das dann aussehen kann, wird in dem bekannten Gebet, das einst Franz von Assisi
zugeschrieben wurde, deutlich:
Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich Liebe übe, wo man sich hasst,
dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt,
dass ich verbinde, wo Streit ist,
dass ich Hoffnung erwecke, wo die Verzweiflung quält,
dass ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert,
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Ach Herr, lass du mich trachten, nicht dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste,
nicht dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe,
nicht dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer da hingibt, der empfängt,
wer sich nicht selbst sucht, der findet,
wer verzeiht, dem wird verziehen,
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Zu Mt 6, 19-23:
O gläubig Herz, gebenedei (EG 318, 1.5)
Wohlauf, mein Herze (EG 324, 13-14)
„Eins ist not!” Ach Herr, dies eine (EG 386)
Erneure mich, o ewigs Licht (EG 390)
Die Herrlichkeit der Erden (EG 527)
Wenn das Brot, das wir teilen (KHW-EG 632)
Zu Hebr 13, 15-16:
Nun danket alle Gott (EG 321)
Sollt ich meinem Gott nicht singen (EG 325)
Brich mit den Hungrigen dein Brot (EG 420)
Gott gab uns Atem, damit wir leben (EG 432)
Lobet den Herren alle, die ihn ehren (EG 447)
Lobet den Herrn und dankt ihm (EG 460)
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