das Kirchenjahr

3. Sonntag nach Trinitatis

Das Wort der Versöhnung

Predigtanregung

Der 3. Sonntag nach Trinitatis stellt in gewisser Weise die Fortsetzung des 2. Sonntags nach Trinitatis dar, denn nun geht es um die offenen Arme, die den empfangen, der schon lange eingeladen ist. Die Gleichnisse vom „Verlorenen” oder die Geschichte vom Zachäus unterstreichen dies sehr deutlich. Gott will die Sünder selig machen, darum geht es, und er hindert keinen einzelnen, zu ihm zu kommen.

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VI - Lk 15, 1-3.11b-32

Es nahten sich ihm aber allerlei Zöllner und Sünder, um ihn zu hören. 2Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen. 3Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach:
Ein Mensch hatte zwei Söhne. 12Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie. 13Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land; und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen. 14Als er nun all das Seine verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land, und er fing an zu darben. 15und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten. 16Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm. 17Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger! 18Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. 19Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner! 20Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater, und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn. 21Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. 22Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße 23und bringt das gemästete Kalb und schlachtet's; lasst uns essen und fröhlich sein! 24Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein.
25Aber der ältere Sohn war auf dem Feld. Und als er nahe zum Hause kam, hörte er Singen und Tanzen 26und rief zu sich einen der Knechte, und fragte, was das wäre. 27Der aber sagte ihm: Dein Bruder ist gekommen, und dein Vater hat das gemästete Kalb geschlachtet, weil er ihn gesund wieder hat. 28 Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging sein Vater heraus und bat ihn. 29Er antwortete aber und sprach zu seinem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre. 30Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet. 31Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein. 32Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.

Das Gleichnis vom „Verlorenen Sohn” ist weithin bekannt. Es steht für die rückhaltlose Gnade, die wir von Gott erwarten dürfen. In der Abgrenzung der Perikope wurde jedoch bewusst auf die Verse 1-3 des 15. Kapitels des Lukas-Evangeliums nicht verzichtet! Denn durch diese drei Verse wird die Gruppe der Adressaten bekannt, und das ist äußert wichtig für das richtige Verstehen und Auslegen. Dieses Gleichnis ist den Pharisäern und Schriftgelehrten zugesprochen, die es nicht verstehen, dass sich Jesus mit den Sündern zusammensetzt.
Von daher ist es wohl angebracht, danach zu fragen, ob wir uns vielleicht in derselben Gruppe wiederfinden? Gewiß, heutzutage gehört es zum guten Ton jeder Gemeinde, sich auch sozial zu engagieren, den Außenseitern unter die Arme zu greifen und sie, soweit möglich, einzugliedern. Aber ist dies genug? Das Gleichnis vom „verlorenen” Sohn ist ja eine bewusste Provokation. Man stelle sich vor, Jesus lebte in unserer Zeit, und er gesellte sich nicht mal zu den sozialen Randgruppen, derer wir uns ja schon annehmen, sondern zu den Skinheads, den Neonazis, den Reichen, die nicht wissen wohin mit ihrem Geld? Sind dies nicht auch Menschen, die der Liebe Gottes bedürfen, damit sie sich ändern können? Könnte es tatsächlich sein, dass ein Skinhead oder Neonazi der verlorene Sohn ist? Oder ein Arbeitgeber, der, nachdem er sein Bankkonto noch schnell aufgefüllt hat, den Bankrott anmeldet und hunderte von Arbeitern entläßt?
Unsere Stellung im Gleichnis vom „verlorenen” Sohn ist klar: wir sind, wenn wir die Gedanken oben weiter verfolgen, an die Stelle des zurückgebliebenen Sohnes zu setzen, der sich auflehnt, der sich ärgert, weil der Vater nun praktisch von seinem Erbe nimmt und mit dem feiert, der nicht hätte zurückkommen dürfen. Wir ärgern uns, dass unser Erbteil nun scheinbar auch noch verprasst wird, dass Energien dahin gehen, wo wir sie nicht einsetzen wollen. Wir sind nicht der verlorene Sohn. Wir sind die Adressaten, die Pharisäer, die Schriftgelehrten, die meinen, alles richtig zu machen, die meinen, den Platz bei Gott schon in der Tasche zu haben.
Es hat Versuche gegeben, das Gleichnis weiterzudenken. Was ist mit dem älteren Sohn? Was wird aus ihm? Wird er schließlich doch mitfeiern? Vielleicht ist gerade dies die Frage, die Jesus uns mit dem Gleichnis stellen will. Sie wäre auch in der Predigt erneut zu stellen. Nun stehen wir da draußen mit unserem Ärger, und die Tür schließt sich womöglich vor uns, obgleich wir immer gedacht haben, alles richtig zu tun...
Vom Thema des Sonntags her sollte wohl noch angemerkt werden, dass wir die Träger der Versöhnung sind. Wir sind ja schon Empfänger der Versöhnung, nun müssen wir sie auch hinaustragen in die Welt, zu denen, die sie brauchen, die sie noch nicht kennen, die im tiefsten Inneren danach hungern.

Liedvorschläge:

Der Herr ist mein getreuer Hirt (EG 274)
Ich will zu meinem Vater gehen (EG 315)
Jesus nimmt die Sünder an (EG 353)
Mir ist Erbarmung widerfahren (EG 355)
Gott rufet noch (EG 392)
Ich will dich lieben, meine Stärke (EG 400)



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