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Zu den Perikopen
Predigtvorschläge zu Reihe I - 1. Petr 2, 2-10
Liebe Gemeinde!
Wer sich mit dem Kirchenjahr auskennt, wird schon bemerkt haben, dass in unserem Predigttext der
Name des ersten Sonntags nach dem Osterfest vorkommt: Quasimodogeniti – wie die neugeborenen Kinder.
Da spürt man ja schon ein bisschen von der Osterfreude, die uns eigentlich jeden Sonntag erfüllen
kann: dass der Herr auferstanden ist, dass der Tod besiegt ist und wir auf die Gnade und
Barmherzigkeit Gottes vertrauen, ja, sogar mit ihr rechnen dürfen.
Unsere Sonntage sind ja allesamt kleine Osterfeste, selbst die in der Fastenzeit, und darum
feiern wir unsere Gottesdienste auch in den Morgenstunden und nicht am Nachmittag oder
Abend, denn am Morgen wurde der Tod besiegt, die Morgenstunde ist die Stunde der
Auferstehung. Und so freuen wir uns auch an diesem Morgen des sogenannten Taufsonntags.
Allerdings mag es manchen merkwürdig erscheinen, warum der Text aus dem 1. Petrusbrief,
der dem Sonntag Quasimodogeniti seinen Namen gab, heute dran ist, am 6. Sonntag nach
Trinitatis, also ganze 13 Wochen später. Vielleicht hat sich niemand darüber Gedanken
gemacht, außer vielleicht derart, dass der Zusammenhang der Worte, die den Namen des
Sonntags Quasimodogeniti liefern, nicht so recht in diese österliche Freudenzeit passen.
Aber passt es heute? Bei den Kindlein könnte man ja an die Kindertaufe denken, nur
dass damals meistens Erwachsene getauft wurden – oft mit ihrem Haus, also auch mit
ihren Kindern, aber die Kinder waren, so könnte man sagen, nicht mehr als Mitläufer.
Und direkt mit der Taufe bringt Petrus diese Worte ja nicht in Verbindung, sondern
damit, dass wir allen Betrug und Heuchelei ablegen sollen und anstelle dessen die
frohe Botschaft begierig wie die neugeborenen Kinder die Muttermilch in uns aufnehmen
sollen.
Und dann redet Petrus von lebendigen Steinen, eigentlich ein Widerspruch in sich, denn
Steine sind ja schwer und unbeweglich, also alles andere als lebendig. Und dann sprich
er von einem geistlichen Haus, das aus eben solchen lebendigen Steinen gebaut wird.
Man könnte dabei an Harry Potter denken oder so, wo manchmal die Wände ganz eigenwillig
sind und sich verschließen oder auftun oder einfach nur mal in die eine oder andere
Richtung krümmen – ja, da kann man von lebendigen Steinen reden. Aber so was meinte
Petrus gewiss nicht, und mit Taufe hat das auch nicht so viel zu tun.
Auch der Eckstein – es ist ja ein schönes, vielsagendes Wort: der Eckstein hat tragende
Kraft, er macht es möglich, dass Gewölbe Bestand haben und nicht zusammenbrechen, oder
dass Gebäudemauern nicht auseinanderdriften und letztlich umstürzen. Aber er wird auch
zum Stein des Anstoßes, an dem man aneckt, der irgendwie immer an der falschen Stelle
liegt; aber wenn er da nicht läge, würden wir dann jemals merken, dass wir uns auf dem
falschen Weg befinden?
Ja, auch der Eckstein kann uns noch nicht wirklich helfen, wenn wir an die Taufe denken.
Doch dann kommt etwas, das uns aufhorchen lässt: Ihr aber seid das auserwählte Geschlecht,
die königliche Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums, dass ihr
verkündigen sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen hat von der Finsternis zu seinem
wunderbaren Licht.
Ja, da spüren wir es, da ist etwas von der Taufe zu erkennen.
Ich erinnere mich an ein Gespräch mit meinem römisch-katholischen Kollegen,
wo er mir schon fast vorschwärmte, wie schön es sei, dass diese Worte auch in der Taufe
ihren Widerhall finden.
„Denn hier wird deutlich, was Taufe eigentlich bedeutet: wir werden zum auserwählten Geschlecht
hinzugefügt – wir sind etwas ganz Besonderes, von Gott berufen, eben auserwählte, und noch
mehr: wir sind königliche Priesterschaft. Und damit sind jetzt nicht Pfarrer Eggers und ich
gemeint und all die anderen hauptamtlichen theologischen Mitarbeiter der Kirchen, die
Ordinierten und zur Verkündigung beauftragten, sondern alle, die getauft sind, auch Sie,
die Sie heute hierher zum Gottesdienst gekommen sind, und auch die, die zu Hause blieben.
Sicher, nicht alle sind sich dieser großartigen Berufung bewusst, aber hier wird das, was
wir das allgemeine Priestertum aller Gläubigen nennen, beschrieben. Denn alle sind aufgefordert,
die Wohltaten dessen zu verkünden, der uns zu seinem heiligen Volk berufen hat.
Aber bleiben wir noch ein bisschen bei der Taufe.
Den Taufeltern sage ich immer: die Taufe ist ein Geschenk Gottes, eine Gabe, zu der wir nichts
beitragen müssen und auch nicht können. Gott erwartet von uns keine Gegenleistung. Aber er
schenkt uns dafür alles, seine unbedingte Zuwendung und Liebe.
Ja, und er macht uns zum heiligen Volk durch die Taufe, er heiligt uns. Wir sind Heilige –
den Konfirmandinnen und Konfirmanden kommt das immer etwas komisch vor, wenn ich es auch
ihnen sage. Aber so ist es: Gott heiligt uns schon durch die Taufe, ohne dass wir irgend
etwas dazu getan haben könnten.
Vielleicht erinnern Sie sich an die Plakate für den ökumenischen Kirchentag im Jahr 2003
in Berlin: da hat man auf diversen Fotos Menschen mit einfachen Hilfsmitteln einen Heiligenschein
verpasst. Meist waren es Lampen, mal auch eine Satellitenschüssel, die dann als Heiligenschein diente.
Diese Fotos sollten ein Hinweis auf das sein, was hier im 1. Petrusbrief gesagt wird: Ihr seid das
auserwählte Geschlecht, die königliche Priesterschaft, das heilige Volk...
Nun ist es ja so, dass diese Heiligenscheine in der realen Welt fehlen. Vielleicht ergibt sich hier
und da mal zufällig ein ähnliches Bild wie auf den Werbefotos für den damaligen Kirchentag, aber
heutzutage sind längst nicht mehr alle Menschen getauft, und es könnte also gut sein, dass sich
da eine Konstellation ergibt, dass der Heiligenschein über einem Menschen erscheint, der eben
nicht getauft wurde. Also sollten wir das nicht zu ernst nehmen.
Die EKD-Statistik stellt jedenfalls fest, dass im Jahr 2012 etwa 62% der Bevölkerung einer
christlichen Kirche angehörten. Im Jahr 2004 waren es noch 2,5% mehr.
Sicher sind auch mehr Menschen getauft, denn die Zahl der Austritte aus den Kirchen liegt
ziemlich konstant zwischen 200.000 und 300.000 Menschen pro Jahr.
Das sind ja auch Getaufte, und es stellt sich immer neu die Frage, wie mit diesen Menschen
umgegangen werden soll. Die Zusage Gottes, die durch die Taufe ergangen ist, kann ihnen ja
nicht durch die Kirche entzogen werden.
Also sind es nach wie vor Heilige?
Petrus würde das wohl verneinen. Denn er beschreibt das, was uns durch die Taufe geschenkt wird,
ja immer als ein Geschenk in die Gemeinschaft hinein. Das auserwählte Geschlecht, die königliche
Priesterschaft, das heilige Volk, das Volk des Eigentums – immer sind es viele, immer ist es eine
Gemeinschaft, eine Gemeinde, die uns auszeichnet, und nie ist es eine einzelne Person.
Und das ist es ja auch, was christliche Existenz ausmacht. Nie sind wir allein – nicht nur in dem
Sinne, dass Gott immer bei uns ist, sondern auch und besonders in dem Sinn, dass wir der Gemeinschaft
der Heiligen angehören.
Und wer diese Gemeinschaft aufkündigt, auch wenn er oder sie vielleicht wirklich nur die Institution
Kirche meint, der wendet sich selbst von Gottes Berufung ab. Ein solcher Mensch baut nicht mehr mit
am geistlichen Haus, er ist nicht mehr lebendiger Stein, er kann nicht Teil der heiligen Priesterschaft
sein.
ANdererseits darf und muss die Institution Kirche natürlich immer wieder hinterfragt werden. Es muss
möglich sein, Kritik an ihr zu üben und ihre Handlungsweise in Frage zu stellen. Aber dieses Fragen
und Kritisieren muss immer vom Wort Gottes her kommen. Einen anderen Maßstab kann es da nicht geben.
Und wenn man die Kirche kritisiert, muss man immer auch wenigstens mitdenken: damit kritisiere ich
auch mich. Denn ich bin ein Teil dieser Kirche. Und darum bin ich gerufen, es besser zu machen,
dafür zu sorgen, dass die Kirche selbst nicht aufhört, am geistlichen Haus zu bauen und das
auserwählte Geschlecht und die königliche Priesterschaft zu bleiben.
Bei aller Kritik ist es also auch immer gut, sich an die Worte Jesu zu erinnern: Was siehst Du den
Splitter in deines Bruders Auge, und wirst des Balkens in deinem eigenen Auge nicht gewahr? (Mt 7, 3)
Als Auserwählte und Heilige ist es unsere Aufgabe, so zu leben, dass das geistliche Haus gebaut wird,
dass es wächst und an Stabilität gewinnt, damit es letztlich zur Vollendung gelangt.
Denn wir haben ein Ziel vor Augen, an das wir auch durch das Vater unser immer auf's Neue erinnert
werden: das Reich Gottes. Dieses Reich wird zeichenhaft durch uns sichtbar in dieser Welt, und das Wissen
darum wird uns stets daran hindern, uns hier so sehr zu Hause zu fühlen, dass wir träge und müde werden.
Unsere Mitte ist Jesus, der Eckstein, der Stein des Anstoßes, der lebendige Stein: um diese Mitte
versammeln wir uns, wenn wir gemeinsam Gottesdienst feiern, wenn wir zum Abendmahl zusammenkommen:
er ist da, mitten unter uns.
Darum lasst uns nicht aufhören, darum zu bitten: Dein Reich komme. Damit alle Welt ihn als den Herrn
erkennt, der uns zu seinem Heiligen Volk gemacht hat.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Ich bin getauft auf deinen Namen (EG 200 - Wochenlied!)
Preis, Lob und Dank (EG 245)
Ich lobe dich von ganzer Seelen (EG 250)
Sonne der Gerechtigkeit (EG 262)
Ist Gott für mich (EG 351)
Komm, bau ein Haus (KHW/HN-EG 589)
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Predigtvorschläge zu Reihe III - Mt 28, 16-20
Liebe Gemeinde!
Taufbefehl heißt es bei den einen, Missionsbefehl bei den anderen. Martin
Luther überschrieb diesen Abschnitt in seiner Bibelübersetzung mit dem Wort
„Missionsbefehl“. Ob man sich darum jemals gestritten hat, weiß ich nicht.
Richtig ist jedenfalls, dass beides darin enthalten ist.
Etwas schwierig wird es, wenn man der kritischen Analyse folgt und feststellt,
dass diese Worte wohl gar nicht von Jesus selbst gesagt wurden. Die
trinitarische Formel „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen
Geistes“, so meint man, kann eigentlich nicht aus dem Mund Jesu gekommen
sein. Aber wer kann mit Bestimmtheit sagen, ob diese Behauptung wahr ist?
Fest steht, dass die Worte des Predigttextes nur bei Matthäus vorkommen und
nicht bei den anderen Evangelisten, und man kann wohl anhand der Wortwahl
und Ausdrucksweise sagen, dass sie von Matthäus geprägt wurden. Dennoch kann
es ein Wort Jesu sein, das aus der Erinnerung und Überlieferung heraus
sinngemäß wiedergegeben und den Erkenntnissen der frühen christlichen
Gemeinde angepasst wurde.
Ein Theologe hat dazu gesagt, es sei kein Wort vom Herrn, sondern ein Wort
im Herrn. Das ist eine treffende Aussage: denn auch wenn Jesus diese Worte
nicht wortwörtlich so ausgesprochen haben sollte, so geben sie doch wieder,
was die urchristliche Gemeinde von Jesus erfahren hat.
Nun hat dieses Wort die Geschichte der Christenheit nachhaltig geprägt.
„Gehet hin“ – das hat mancherorts viel Unglück verursacht. Andernorts war es
ein Segen.
Heute neigt man dazu, den Missionaren, die sich vor allem seit dem 19.
Jahrhundert, aber auch schon früher in fremde Länder aufmachten, vorzuwerfen,
dass sie den Einheimischen eine fremde Kultur überstülpten. Inzwischen wissen
wir aber, dass viele Missionare im Gefolge der Kolonialherren reisten und
versuchten, die Einheimischen vor den Übergriffen dieser Kolonialherren zu
schützen.
Viel besser wird das Ganze dadurch zwar nicht. Denn damals waren die Kenntnisse
und die Voraussetzungen für die Arbeit der Missionare ganz andere als heute,
und so sind viele Fehler gemacht worden in dem guten Glauben, das Richtige zu
tun. Aber das gibt uns nicht das Recht, über sie den Stab zu brechen. Denn
wer kann schon sagen, ob das, was wir heute tun, nicht auch von den
Generationen, die nach uns kommen, kritisiert wird? Schon jetzt fiele
mir manches ein, wofür uns unsere Kindeskinder wohl verachten werden.
Eins steht fest: wenn man Christen der jüngeren Kirchen begegnet, stößt man
auf ein starkes Selbstbewusstsein, selbst dort, wo sie in einer verschwindenden
Minderheit leben. Das sehe ich als eine gute Frucht missionarischer Arbeit,
denn solches Selbstbewusstsein hätten die Menschen sicher nicht entwickelt,
wäre alles so geblieben, wie es war, als die Missionare dorthin kamen.
Aufgrund dieses Selbstbewusstseins ist in vielen Ländern der Erde eine
christliche Kultur entstanden, die sich von der unseren deutlich unterscheidet
und die unserer schläfrig gewordenen Kirche wohl manchen Impuls geben könnte.
Versucht wurde das übrigens kürzlich bei der „ökumenischen Visitation“ unserer
Landeskirche im vergangenen Jahr, aus der ein Sendschreiben hervorging, das
uns eine gewisse Lauheit vorhält, auch in der Umsetzung dieses Missionsbefehls.
Was wir nun als Predigttext vor uns haben, ist die Aufforderung, selbstbewusst
aufzutreten und auf die Gegenwart unseres Herrn zu vertrauen.
Selbstbewusst, denn wir stehen in der Nachfolge des Herrn, dem alle Gewalt
gegeben ist im Himmel und auf Erden. Das muss man sich einmal bewusst machen –
und dann auch in seinem Bewusstsein bewahren.
Da haben Politiker und Manager nämlich gar nichts zu sagen, auch wenn durch
ihre Entscheidungen das Leben in unserem Land z.B. durch wieder zunehmende
Arbeitslosigkeit und weitere Einschränkungen immer belastender wird.
Unser Herr hat Macht über das alles. Und wenn es uns noch so schwer ergehen
sollte: wir sind letztlich immer in den Händen dessen, der uns in Liebe
begegnet und unserem Leben Sinn und Ziel gibt. Und er ist es auch, der
dem gottlosen Treiben um den Mammon ein Ende setzen kann.
Vor diesem Hintergrund können wir dann auch den Auftrag annehmen, der da
ausgesprochen wird: „Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker.“
Das ist seit Beginn der Christenheit über viele Jahrhunderte geschehen, und
geschieht auch heute überall in der Welt, auch bei uns. Denn in manchen
Kirchen werden Menschen sitzen, die nicht zur Kirche, also zu dieser
Gemeinschaft Jesu Christi, gehören. Sie hören das Wort und nehmen es
auf. Manche von ihnen werden sich vielleicht entschließen, doch dazu
gehören zu wollen – trotz aller Schwächen, die diese Institution
aufweist, die sich ja bekanntlich aber nur dadurch beseitigen lassen,
dass man sich selbst in ihr engagiert zum Guten hin.
So werden Jüngerinnen und Jünger gemacht – durch die Predigt des Evangeliums,
der guten Botschaft, die in der ganzen Welt ausgebreitet wird. Nicht nur
von hoch qualifizierten Theologen, sondern von einem jeden Menschen, der
sich in die Nachfolge Jesu Christi gerufen weiß.
Niemand braucht Angst zu haben, dabei einen Fehler zu machen. Denn Jesus
ist es, dem alle Macht gegeben ist und der auch aus unseren Fehlern noch
etwas Großes machen kann. Das erkennen wir auch an den jüngeren Kirchen
in fernen Ländern, deren Selbstbewusstsein und Glaubensstärke uns heute
durchaus beschämen kann.
Und natürlich muss man auch nicht in die weite Welt hinaus, um diesen
Auftrag Christi auszuführen. Im Gegenteil: unser Land ist, um einmal
dieses etwas altbackene Wort zu verwenden, ein sehr „lohnendes
Missionsgebiet“.
Ein Christ in Indien sagte mir einmal, dass wir es uns viel zu schwer
machen würden, als die Frage darauf kam, ob man Menschen taufen könne,
die noch gar nicht so richtig wüssten, was christlicher Glaube bedeutet,
die also nicht den Katechismus kannten und auch viele der biblischen
Geschichten noch nie gehört hatten. Er sagte: zuerst sollen wir taufen,
und dann unterrichten. Denn so steht es ja in diesem Missionsbefehl:
Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes
und (dann, könnte man in diesem Sinne hinzufügen) lehret sie halten alles,
was ich euch befohlen habe.
Und so wird es auch vielfach in der Apostelgeschichte berichtet, wie
Menschen, die das Evangelium hören, sich sogleich taufen ließen, um dann
später Näheres zu erfahren und das Wesentliche christlichen Glaubens zu
erlernen – indem sie an den Versammlungen der christlichen Gemeinde,
den Gottesdiensten, teilnahmen und sich immer wieder mit anderen Christen
austauschten. Und wir taufen heute ja auch überwiegend Säuglinge, denen
man noch nichts vom Glauben beibringen kann. Warum soll das bei Erwachsenen
anders sein?
Aber unser Problem ist ja gar nicht mal so sehr das Taufen. Viele von
denen, die der Kirche den Rücken zugewandt haben, sind ja bereits getauft.
Sie meinen, sie könnten auch glauben, ohne in der Kirche zu sein. Fast
immer ist die Kirchensteuer das Argument für den Austritt. Man möchte
für den Glauben nichts bezahlen müssen. Und das ist ja auch richtig.
Denn der Glaube kostet nichts. Was etwas kostet, ist die Betreuung der
Gemeinde, die Unterhaltung der Gebäude, die für die Arbeit der Gemeinde
genutzt werden, und manches andere. Und dafür – das war von Anbeginn
der christlichen Gemeinde so – haben die Gemeindeglieder stets zusammengelegt,
damit es funktioniert. Wer aus der Kirche austritt, entzieht also im
Grunde der christlichen Gemeinde seine Solidarität. Aber genau das
ist ein Grundprinzip christlichen Glaubens: dass man füreinander da
ist.
Was können wir tun?
Ich denke, es ist wichtig, dass wir sichtbar christliche Gemeinde sind.
Dabei ist beides von Bedeutung: das „christliche“ wie auch das „Gemeinde“
sein.
Denn durch das Bekenntnis zu unserem christlichen Glauben gilt für uns
an erster Stelle das höchste Gebot, dass wir Gott von ganzem Herzen
lieben sollen und unseren Nächsten wie uns selbst. Das gilt es, an
allen Orten deutlich zu zeigen, besonders aber da, wo andere dem
Nächsten nichts Gutes mehr gönnen und sich lieber selbst der Nächste
sind.
Wir beweisen Solidarität mit denen, die sonst niemanden haben, der für
sie eintritt. Wir sind füreinander da innerhalb der Gemeinde und der
christlichen Kirche – auch weltweit sehen wir die Nöte unserer
Geschwister und setzen uns dafür ein, sie zu lindern.
Indem wir Gemeinde sind, also hier vor Ort, machen wir deutlich, dass
niemand allein gelassen wird, der zur Gemeinde gehört. Dazu gehört an
erster Stelle die Arbeit im Besuchsdienst, sowohl im Krankenhaus wie
auch in den Häusern, zu besonderen Anlässen oder auch einfach nur so.
An dieser Stelle sind die Freikirchen ein Vorbild, wo man sich
untereinander persönlich kennt und füreinander da ist. Natürlich
sind dort die Gemeinden überschaubarer als bei uns. Und manchmal
ist solch ein vertrauter Kreis auch nicht gerade einladend, weil
diejenigen, die neu dazu kommen, das Gefühl haben, Fremde zu sein.
Doch das muss nicht so sein. Es gilt, seinen Nächsten zu lieben,
und wer das ist, bestimme nicht ich. Das ergibt sich aus der immer
neu entstehenden Situation heraus.
Christliche Gemeinde ist einladend. Das heißt, sie geht auf die
Menschen zu, nimmt sie mitunter auch mal einfach mit. Und das kann
man natürlich auch mit denen tun, die aus der Kirche ausgetreten
sind. Denn auch sie sind getauft. Das „Ja“ Gottes gilt ihnen nach
wie vor, genauso wie uns.
Über allem, was wir tun, steht die beruhigende und fest machende
Zusage unseres Herrn: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an
der Welt Ende.“
Darauf zu vertrauen, das ist Glaube. Durch den Heiligen Geist, der
uns nicht nur verheißen ist, sondern der auch mitten unter uns wirkt,
wird dieser Glaube erhalten und gestärkt.
So bitten wir, dass er unter uns wirke mit seiner Macht.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Jesus Christus herrscht als König (EG 123, 1-6)
Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist (EG 126)
Gott der Vater steh uns bei (EG 138)
Gelobet sei der Herr (EG 139)
Gehet hin in alle Welt (EG 201)
Wach auf, du Geist der ersten Zeugen (EG 241)
Gleichwie mich mein Vater gesandt hat (EG 260)
Christus ist König, jubelt laut (EG 269)
Siehe, ich bin bei euch alle Tage (EG 419)
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Predigtvorschläge zu Reihe V - Jes 43, 1-7
Liebe Gemeinde!
„Es spricht der Herr, der dich geschaffen hat“ – es fällt leicht, sich bei diesen Worten
angesprochen zu fühlen, denn wir sehen uns ja selbst als Geschöpfe Gottes. Das Wunder
des Werdens und Wachsens – es bleibt trotz aller Forschung und aller Erkenntnis Anlass
zum dankbaren Staunen.
Aber die Worte des Propheten Jesaja gehen weiter. Aus der so allgemeinen Anrede steigt
plötzlich ein ganz konkretes Gegenüber auf: Jakob, Israel. Haben wir damit noch etwas
zu tun?
Es wird mir wohl immer schwer fallen, die Worte aus dem Buch des ersten Bundes auf unsere
Lebenssituation zu übertragen. Denn wir sind das, was man in diesem Buch eigentlich als
„Heiden“ bezeichnet. Die Christenheit hat diesen Begriff lange für die Menschen
benutzt, die nicht getauft sind. Aber eigentlich bezeichnet er die Menschen, die
nicht zum jüdischen Volk gehören.
Daraus folgt, dass wir im Grunde eben nicht zu dem Volk, das der Herr geschaffen hat,
gehören.
Aber wir bleiben Geschöpfe Gottes, denn natürlich hat Gott auch die Heiden geschaffen,
und insofern sind wir wenigstens andeutungsweise angesprochen.
Aber wir müssen dann auch feststellen, dass dieser Text in eine ganz konkrete geschichtliche
Situation hinein gesprochen wurde: das Volk Israel war in viele Länder verstreut, die
Stadt Jerusalem, das Zentrum des jüdischen Glaubens, war zerstört. Gott ruft durch den
Propheten Jesaja den Kindern des Volkes Israel zu, dass sie wieder zurückgeholt werden
in das Land, das er ihnen vorzeiten zugesagt und dann auch gegeben hatte.
All dies macht es ausgesprochen schwer, diesen Text nun einfach für uns „Heiden“ in
Anspruch zu nehmen, auf uns zu beziehen.
„Ich habe dich bei deinem Namen – Jakob – gerufen, du bist mein.“
Vor wenigen Tagen waren wir in Bergen-Belsen und besuchten die Gedenkstätte, die dort an
der Stelle des früheren KZ errichtet worden war. Es ist die älteste Gedenkstätte dieser
Art in Deutschland und nur etwas mehr als 80 km von hier entfernt.
Zigtausende Menschen sind damals während der Jahre 1940 bis 1945 dort ums Leben gekommen,
meist durch Krankheiten, die nicht oder nur sehr dürftig behandelt wurden, durch Hunger
und durch Misshandlungen.
Wenn man über das weitläufige Gelände geht, sieht man immer wieder große Massengräber,
an denen Zahlen angebracht sind: 800 Tote – 1000 Tote – 2000 Tote – immer wieder, ein
Massengrab neben dem anderen.
Auf einem freien Platz stehen vereinzelt Grabsteine, die später dort aufgestellt wurden,
ohne zu wissen, wo die Leichen dieser Personen tatsächlich begraben wurden. Namen,
einige wenige nur, aber das damalige Geschehen beginnt auf diese Weise, ein Gesicht
zu bekommen.
In dem relativ neuen Dokumentationszentrum der Gedenkstätte hat man die Möglichkeit,
einzelnen Schicksalen nachzugehen. In Videos berichten Überlebende von ihren eigenen
Erfahrungen, die Geschichte einiger Insassen kann man mit Hilfe von Computern oder
durch Einsicht in Kopien der sie betreffenden Dokumente nachvollziehen.
Ich griff eine Akte heraus und stellte fest, dass diese Person nicht in Bergen-Belsen
gestorben war, sondern kurz vor Kriegsende in das Gefängnis nach Wolfenbüttel
überführt wurde, von wo aus sie dann später entlassen wurde. Eine zufälliger
Verbindung mit dem Ort, an dem wir leben – oder doch nicht zufällig?
Der Name macht das ganze Geschehen lebendig, wir sehen Menschen vor uns, denen dieser
Ruf gilt: ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.
Der bekannteste Name ist sicher Anne Frank – sie starb dort mit ihrer Schwester Margot.
Nun waren in Bergen-Belsen in den ersten Jahren vor allem Kriegsgefangene untergebracht,
von denen viele keine Juden waren. Erst später, ab 1943, wurde Bergen-Belsen zu einem
Konzentrationslager, in das auch viele jüdische Bürger gebracht wurden: Frauen,
Männer und Kinder.
Wenn wir diese Geschichte betrachten, dann scheint es, als ob der Ruf, der durch den
Propheten Jesaja erklingt, nun eben doch auch jenen gilt, die nicht zum jüdischen
Volk gehören. „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei
deinem Namen gerufen, du bist mein.“
Vielleicht haben manche derer, die damals in diesem Lager leben mussten, aus diesen
Worten Kraft und Hoffnung geschöpft; nicht nur Juden, sondern auch andere, die dort
unter unmenschlichen Bedingungen ihr Leben fristen mussten.
„Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen
gerufen, du bist mein.“
Was auch immer passiert – diese Verbindung, die Gott mit seinem Volk vor mehr als
3000 Jahren geknüpft hat, wird nicht zerreißen.
Der Weg, durch den auch wir an dieser Zusage teilhaben, ist die Taufe. Durch sie
sind wir mit Jesus Christus verbunden, wie wir vorhin in der Epistel-Lesung aus dem
Römerbrief gehört haben, und damit auch zu Kindern Gottes geworden.
Aber wie wird diese Verbindung erkennbar? Manchmal scheint mir, dass wir unser Dasein
als Christen viel zu selbstverständlich nehmen. Das System der Volkskirche hat es
einem ja auch nicht schwer gemacht. Einmal getauft, musste man sich bewusst gegen
eine Mitgliedschaft in der Kirche entscheiden, wenn man nicht dazu gehören wollte.
Ansonsten war man sein ganzes Leben lang ein Glied der Kirche.
Diesen bewussten Schritt des Austritts zu vollziehen war für die meisten Menschen
noch vor wenigen Jahrzehnten ein undenkbarer Schritt, auch weil die Mitgliedschaft
in der Kirche eigentlich selbstverständlich war – sie gehörte zum gesellschaftlichen
Leben dazu, auch wenn man wenig oder gar nicht am gemeindlichen Leben teilnahm und
die Gottesdienste höchstens an Heiligabend besuchte.
Heute ist das anders: immer wieder entscheiden sich Menschen gegen eine Mitgliedschaft
in der Kirche. Sie haben damit kein Problem mehr, gesellschaftlich wird die
Mitgliedschaft in der Kirche nicht mehr erwartet, eher im Gegenteil: seit einmal
ein Steuerberater dafür verantwortlich gemacht wurde, dass er seinem Klienten nicht
empfohlen hatte, aus der Kirche auszutreten, um die Kirchensteuer zu sparen, ist der
Kirchenaustritt gesellschaftsfähig geworden. Dazu tritt die Tatsache, dass für viele
Menschen der Glaube eine Privatsache geworden ist, die ihrer Meinung nach niemanden
sonst etwas angeht. Man glaube ja schon an Gott, höre ich immer wieder, aber die
Kirchensteuer reißt ein zu großes Loch ins Budget, so dass man eben nur noch „für
sich“ glaubt.
Diese Situation kann man auf verschiedene Weise betrachten: einerseits könnte man es
gut finden, denn so wird die Spreu vom Weizen getrennt. Wer nicht ernsthaft am Leben
der Kirche teilnehmen will, kann dann auch ganz aus der Kirche austreten – das ist
doch eigentlich willkommen.
Andererseits ist diese Entscheidung sehr bedauerlich, denn durch sie wird der Kirche
die Solidarität entzogen, die sie eigentlich für die Ausübung ihrer vielfältigen
Aufgaben nötig hat.
Es bleibt am Ende aber immer die Frage: was macht christliche Kirche aus, und was macht
sie zu etwas Besonderem?
Nun, wir sind hier: Menschen, die durch die Taufe gerufen wurden und gewiss sein dürfen,
dass Gott ihre Namen vor Augen hat.
Wir leben allerdings nicht in der Zerstreuung, wir werden auch nicht durch Lageraufseher
misshandelt, wir müssen keinen Hunger leiden und müssen nicht im Dreck hausen.
Es geht uns gut, und das ging mir das erste Mal wirklich auf, als mir ein indischer Christ
sagte, ich müsse zeigen, wie sehr ich von Gott gesegnet bin. Er meinte damit, dass ich
mich mit den Luxusgütern umgeben solle, die es damals so zu kaufen gab.
Ist das wirklich so? Muss ich zeigen, dass ich gesegnet bin, indem ich im Luxus lebe?
Christsein zeigt sich wohl doch vielmehr darin, dass wir miteinander das teilen, wovon wir
reichlich zur Verfügung haben.
Die christliche Kirche lebt aus der Gnadenzusage Gottes heraus, die wir nun auch in den
Worten des Propheten Jesaja gehört haben: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich
erlöst“. Da ist nichts, das uns bindet, das uns fest- und davon abhält, das zu tun,
wozu uns Gott bestimmt hat, nämlich Gott von ganzem Herzen zu lieben und unseren
Nächsten wie uns selbst.
Wir gehören zum Volk Gottes. Uns sind die Worte, die der Prophet Jesaja übermittelt,
genauso zugesprochen wie dem Volk Israel. Aber das sollten wir nicht leichtfertig
hinnehmen, und wir sollten darum auch nicht überheblich werden, denn in diesen Worten
liegt eine große Aufgabe.
Durch unser Leben machen wir sichtbar, was es bedeutet, ganz in Gott geborgen zu sein.
Gott ist mein Heil, ich bin sicher und fürchte mich nicht, sagt der Psalmist und
bringt damit zum Ausdruck, wie ein Mensch, der sich ganz auf Gott verlässt, dasteht.
Es ist eine Haltung, die erkennbar macht, woher wir kommen.
Wir sind Geschöpfe Gottes, wir sind seine Kind. Selbst wenn wir von allen Seiten
bedrängt werden, wenn uns das Wasser bis zum Hals steht, können wir immer noch
zuversichtlich und voller Hoffnung sein, denn wir wissen, dass Gott uns nicht
fallen lässt.
Ich frage mich oft, ob das die Menschen in Bergen-Belsen und in den vielen anderen
Lagern damals in der Nazi-Zeit auch so empfinden konnten. Eines ist jedenfalls
sicher: sie sind ebenso Gottes Kinder, sie sind in ihm geborgen.
Aber ich glaube, dass auch sie oft verzweifelten, wenigstens aber zweifelten. Das
gehört zum Glauben dazu. Wer nicht an Gott zweifelt, der kann auch die Freude nicht
empfinden, die aufkeimt, wenn die Liebe Gottes spür- und sichtbar wird – vielleicht
in ganz kleinen, unscheinbaren Dingen, aber sie ist da, sie flackert auf und macht
uns fest im Vertrauen darauf, dass Gott uns beim Namen gerufen hat, dass wir sein
sind.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Jesus ist kommen (EG 66)
Gott, der Vater, steh uns bei (EG 138)
Herr Christ, dein bin ich eigen (EG 204)
Nun schreib in's Buch des Lebens (EG 207)
Du hast mich, Herr, zu dir gerufen (EG 210)
Fürchte dich nicht (KHW/HN-EG 612/NB-EG 595)
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Predigtvorschläge zu Reihe VI - Apg 8, 26-39
Liebe Gemeinde,
Es ist eine tolle Erzählung, die mich immer wieder begeistert. Da redet ein
Engel, ein Bote Gottes, und es ist für Philippus gar keine Frage: er geht,
wohin ihn der Engel sendet. Nun muss man wissen, dass Engel keine Flügel haben
müssen. Ob dieser Bote überhaupt als Engel erkennbar war? Ich bezweifle es.
Und doch: Philippus erkannte ihn sofort als einen Gesandten Gottes. Denn er
war sensibel für solche Dinge. Er konnte unterscheiden zwischen den Boten
dieser Welt und den Boten des Himmels. Das fehlt uns heute oft. Wer weiß
schon, ob es ein Engel, ein Bote Gottes ist, der da vor einem steht und
einen Rat gibt?
Nun, Philippus tut sofort, was ihm gesagt wird. Er geht zu der Straße, zu
der er gewiesen wurde, ohne zu wissen, was oder wer ihn da erwartet.
Aufmerksam beobachtet er das Treiben auf dieser belebten Straße, als
ihm der Kämmerer aus Äthiopien auffiel. Er wusste wohl nicht, dass dieser
Mann eine so bedeutende Stellung hatte. Das ist letztlich auch völlig
egal. Der Geist Gottes ist es, der ihn auf diesen Wagen aufmerksam macht;
so wird es berichtet.
Und er geht an seiner Seite, hört, wie der Kämmerer aus dem Buch des
Propheten Jesaja liest, und weiß: nun muss er ihm erklären, worum es
hier geht. Er bietet sich an, indem er eine provokative Frage stellt:
verstehst du denn, was du da liest?
Wer würde auf diese Frage mit nein antworten? Verletzt das nicht den
Stolz, wenn man seine eigene Unzulänglichkeit zugeben muss? Lieber noch
eine Weile lesen und sich bemühen, es zu verstehen, als irgend so einem
Dahergelaufenen zuzugeben, dass man Hilfe braucht. Doch der Kämmerer ist
da anders. Freimütig bekennt er, dass er ohne Hilfe nicht weiter kommt.
Da wird viel Vertrauen geschenkt, als der Kämmerer den ihm unbekannten
Philippus auf den Wagen bittet, Vertrauen, zu dem wir heute auch nur
noch selten fähig sind. Ob Gott auch da schon seine Hand im Spiel hat?
Philippus erläutert dem Kämmerer den Text des Propheten, weist darauf
hin, dass es hier um Jesus geht, der gekreuzigt wurde, der starb und am
dritten Tage auferstand. Jesus, der den Menschen das Heil verkündigte,
der um der Menschen willen gestorben ist, damit sie ewiges Leben haben.
Der Wagen kommt an ein Gewässer. Wo, und welches, ist völlig egal. Offenbar
hat Philippus ihm schon von der Taufe erzählt, jedenfalls begehrt der
Kämmerer die Taufe, und sie wird ihm auch gewährt.
Damit hat Philippus seine Aufgabe erfüllt, und kurzerhand wird er entrückt.
Er verschwindet vor den Augen des Kämmerers, und findet sich selbst, so
erfahren wir aus dem nächsten Vers, in Aschdod wieder, einem Ort am Weg.
Es ist schon merkwürdig. Da wird einer getauft, und dann allein gelassen.
Erst dadurch, dass er das Erlernte weitergibt, wird es eine Gemeinde geben,
die ihn dann auch stützt und trägt. Aber vielleicht ist das auch ein wichtiges
Signal: wir sind so lange allein, wie wir nicht bereit sind, das mit anderen
zu teilen, was wir von Gott empfangen haben.
Immer wieder einmal kommt es vor, dass Erwachsene Taufunterricht nehmen.
Das ist so eine Art Konfirmandenunterricht für Erwachsene. Sie sind als
Kinder nicht getauf worden, möchten aber jetzt gerne in die Kirche eintreten.
Der Unterricht ist gar nicht so einfach; es zieht sich hin. Denn es gilt,
zumindest die Inhalte des Kleinen Katechismus zu vermitteln. Darüber hinaus
sollen die Taufkandidaten etwas über die Struktur der Kirche lernen. Und
natürlich müssen sie einige Stücke auswendig können: das Glaubensbekenntnis,
die 10 Gebote, das Vaterunser und wenn möglich auch den 23. Psalm. Das
bedeutet Arbeit – und Zeit.
Bei manchen dauert es dann recht lange. Persönliche Probleme stehen im
Weg, sie führen dazu, dass das Unternehmen erst einmal unterbrochen wird.
Und in dieser Zeit kann es gut sein, dass man sich doch anders entschließt
und sagt: dass ist es mir nicht wert.
Doch dann ist es so weit, und man spürt, dass diese Zeit der Unterbrechung
auch etwas Gutes hatte: der Wille, getauft zu werden, ist stärker geworden,
und damit auch die Bereitschaft, sich intensiver mit dem christlichen
Glauben auseinanderzusetzen.
Warum ich das erzähle? Nun, wir haben gerade die Geschichte vom Kämmerer
aus Äthiopien gehört. Was mich an dieser Geschichte als erstes beeindruckt,
ist die Leichtigkeit, mit der das Begehren der Taufe erfüllt wird. „Was
hindert's, dass ich mich taufen lasse?“, fragt der Kämmerer, der mal
gerade zwei oder drei Stunden lang mit Philippus das Gespräch geführt hatte.
Es folgt dann eine Antwort von Philippus, nämlich dass es möglich wäre, wenn
er von ganzem Herzen glaubt. Das Pikante an dieser Antwort ist, dass
wissenschaftlicher Untersuchungen ganz deutlich erkennen lassen, dass
diese Antwort eigentlich erst viel später in den Text eingefügt worden ist.
Ursprünglich ging es in der Erzählung gleich mit der Taufe weiter – ohne
Wenn und Aber. Allein die Frage des Kämmerers genügte, das Begehren,
getauft zu werden.
Es ist ein Gewinn unserer Kirche gewesen, dass wir die Taufe nicht als
einen Akt des Menschen ansehen, sondern als Geschenk Gottes.
Es ist nichts von unserer Seite aus nötig, als allein der Wunsch, getauft
zu werden. Solange wir Kinder sind, sprechen unsere Eltern diesen Wunsch
aus. Und dann geschieht es. Die Taufe ist eine Zusage Gottes, auf die wir
uns verlassen dürfen – ohne Wenn und Aber. Andererseits werden wir durch
die Taufe zu nichts gezwungen. Gott lässt uns die Freiheit, uns von ihm
abzuwenden.
Nachdem wir getauft sind, kommt es nur noch darauf an, wie wir auf die
Zusage Gottes antworten, die so lautet:
Du bist mein Kind. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.
Darum fürchte dich nicht.
„Du bist mein“ - wir gehören zu Gott, sind seine Kinder – durch die Taufe.
Das ist ein schönes Geschenk; es ist eine tröstliche Botschaft, die wir aus
dieser Erzählung hören dürfen, denn es bedeutet ja auch: nichts kann uns
von seiner Liebe trennen.
Amen
Liedvorschläge zur Predigt:
Jesus lebt, mit ihm auch ich (EG 115)
O Gott, du höchster Gnadenhort (EG 194)
Herr, öffne mir die Herzenstür (EG 197)
Ich bin getauft auf deinen Namen (EG 200 - Wochenlied!)
Gehet hin in alle Welt (EG 201)
Wach auf, du Geist der ersten Zeugen (EG 241)
Sonne der Gerechtigkeit (EG 262)
Lobet und preiset, ihr Völker (EG 337)
Ich habe nun den Grund gefunden (EG 354)
Ich weiß, woran ich glaube (EG 357)
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